Gelsenkirchen.

Sie kommen aus der ehemaligen DDR und sind absolut „Linientreu“. Das allerdings nicht im politischen, sondern im künstlerischen Sinne. Jannine Koch und Sabine Graf fühlen sich der gezeichneten Linie verpflichtet. Und zeigen das.

Wie ihre „Linientreue“ aussieht, das dokumentiert die gleichnamige Ausstellung ab Freitag, 21. März, in der Galerie „werkstatt“ an der Hagenstraße in Buer.

Berstender Bilderkosmos

Die beiden Künstlerinnen eint nicht nur die Liebe zur Linie, ihrem wichtigsten künstlerischen Gestaltungsmittel. Beide sind zudem Absolventinnen der renommierten „Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig“, Meisterschülerinnen gar. Bernhard Heisig, einer der prominenten Vertreter der sogenannten „Leipziger Schule“, hat an dieser Akademie unterrichtet, und einer der bekanntesten Absolventen dieser Hochschule ist Malerstar Neo Rauch.

Tipps und Termine

Die Ausstellung „Linientreu“ wird am Freitag, 21. März, um 19 Uhr in der „werkstatt“ an der Hagenstraße 34 eröffnet. Die Einführung gibt Barbara Thönnes vom Kunstmuseum Mülheim.

Die Werke werden bis zum 3. Mai zu sehen sein. Öffnungszeiten: di bis fr 16 bis 18 Uhr. Der Eintritt ist frei.

Jannine Koch (33), seit zwei Jahren der Liebe wegen in Buer zu Hause, und Sabine Graf (32) aus Leipzig widmen sich der Linie in unterschiedlichen Ausprägungen. Koch mal figurativ, mal frei, abstrakt und spontan, Graf immer gegenständlich, figurativ, präzise. Spannend ist das Werk beider. Denn keine Arbeit kommt mit eindeutigen Aussagen daher, erzeugt vielmehr vielfältige Assoziationen.

Ein detailversessenes Geflecht

Sabine Graf widmet sich auf jedem ihrer vielschichtigen, von Motiven nur so berstenden Bildern je einer Figur, einer weiblichen zumeist. In feinen Strichen zeichnet sie in diese Leiber ein detailversessenes Geflecht aus bizarren, surrealen Szenen. Gedärme schlingen sich um Beine, Adern scheinen aufzuplatzen, eine Zunge schlängelt sich aus Schlund. Jede Figur gibt Einblick in einen rätselhaften, verwirrenden, verworrenen Kosmos, zeigt filigrane Bilderwelten aus dem menschlichen Innenleben: „Mich interessiert es, Körper zu öffnen, auseinander zu nehmen, neu zusammen zu setzen.“

Jannine Koch fasziniert der unterschiedliche Umgang mit der Linie, mal ganz streng, wie auf Radierungen, die Straßenkarten ähneln, mal in freiem und spontanen Gestus aufs Papier geworfen, mal klar figurativ. Der große Spielraum, den die Linie dem Künstler bietet, interessiert sie: sanft schwingend und streng, poetisch sanft und kraftvoll, rund und geometrisch, dick und dünn. Weil Jannine Koch die Form wichtig ist, verzichtet sie weitgehend auf Farbe. So dominieren in der Ausstellung Schwarz, Weiß, Naturtöne. Was die „Leipziger Schule“ noch heute ausmacht? „Sie ist geprägt vom Handwerk“, sagt Koch. Zwar nicht mehr so intensiv wie früher, aber: „Besonders das Zeichnen wird sehr geschult.“ Was die Ausstellung beweist.