Gelsenkirchen.

Satte 90 Prozent deutscher Museumsbestände schlummern in Depots und Archiven. Und das oft alles andere als sachgemäß. Nicht so in Gelsenkirchen.

Um Kunst, die nur noch auf Lager liegt, kümmert sich seit Kurzem eine bundesdeutsche Stiftung mit dem Ziel, Meisterwerke wieder ans Licht zu holen. „Eine gute Idee, um für museale Probleme zu sensibilisieren“, sagt Gelsenkirchens Museumschefin Leane Schäfer zum neuen Aktionsbündnis.

Obwohl die Situation in ihrem Hause nicht einmal annähernd so katastrophal ist wie in vielen anderen Kunsttempeln. Denn Schäfer kann mit Stolz sagen: „Unser Depot ist vor allem unsere Dauerausstellung, und hier sind alle Kunstschätze regelmäßig zu sehen.“ Das heißt: In Gelsenkirchen können 75 Prozent des gesamten Museumsbestandes ständig ausgestellt werden.

Eine Sammlung in Bewegung

„Etwa alle zwei bis drei Jahre“, sagt die Direktorin, „wird die komplette Dauerausstellung umgehängt.“ Dann kommen Gemälde, Objekte und Grafiken wieder an die frische Luft, die eine Weile ihr Dasein in Regalen und Schubladen fristen mussten, andere werden für eine Weile „eingemottet“. „Unsere Sammlung“, sagt Schäfer, „ist ständig in Bewegung.“ Und das nicht nur wegen der Kinetik.

In Gelsenkirchen können sich selbst Lagerregale und Archiv-Schubladen sehen lassen. Meisterwerke als Mäusefraß? Die Dramen anderer Museen spielen sich hinter den Kulissen des Kunstmuseums an der Horster Straße nicht ab. Das Depot ist seit 2010 im ersten Geschoss in einem Raum untergebracht, der einst der Kinetik vorbehalten war. Das bedeutet: Dieser Raum ist trocken und klimatisiert, beste Voraussetzungen für Kunst auf Lager.

An 26 ausziehbaren Regalwänden hängen fachgerecht Gemälde aus unterschiedlichen Epochen und von unterschiedlichem Wert. Leane Schäfer zieht ein Regal heraus und siehe da, ein Meisterwerk von Paula Modersohn-Becker erscheint: „Das ,Mädchen mit Strohhut’ kam gerade erst aus der Restaurationswerkstatt zurück.“ Das Ölgemälde aus dem Jahre 1903 musste grundgereinigt werden und strahlt jetzt wieder in schönstem Glanz, der sich bald auch den Besuchern vermitteln wird.

Rodin-Skulptur

Neben dem neuen existiert auch noch ein altes Regalsystem, für ganz große Arbeiten, für Mappen. Die Welle, die Ansgar Skibas Werk macht, muss wegen ihrer ausladenden Dimension derweil auf dem Fußboden auf neuen Einsatz warten. An der Wand hängt ein Heckel, darunter steht eine Rodin-Skulptur. Schätze, nur kurzzeitig verschlossen. Denn, so Schäfer: „Nicht unser Depot ist die Schatzkammer, sondern die Ausstellung.“