Gelsenkirchen. Die CDU-Nachwuchsorganisation um ihren Vorsitzenden Sascha Kurth erteilt einem sozialen Arbeitsmarkt in Gelsenkirchen in ihrem Wahlprogramm eine klare Absage. Dabei ist die Idee für diesen in der Union geboren und wird als Gelsenkirchener Appell von allen demokratischen Parteien, von Kirchen, Gewerkschaften und Organisation unterstützt.

„Frischer Wind. Für Gelsenkirchen“ steht über dem Programm der Jungen Union (JU) für die Kommunalwahl. Bei der Lektüre wird der geneigte Leser im Kapitel „Wirtschaft und Arbeit“ stutzig. „Ein sozialer Arbeitsmarkt hilft in zweierlei Hinsicht nicht weiter: Die Betroffenen haben durch die zumeist gering bezahlten Arbeitsverhältnisse keine Vorteile, eine Vermittlung in den ersten Arbeitsmarkt ist unwahrscheinlich.“

Und etwas weiter heißt es da: „(...) Mittel, die zur Schaffung dieser Arbeitsplätze aufgewendet werden, sind volkswirtschaftlich verschenkt.“ Der Begriff „Gelsenkirchener Appell“ taucht zwar nicht auf, gleichwohl erteilt der CDU-Parteinachwuchs um seinen Vorsitzenden Sascha Kurth diesem eine klare Absage.

Dabei steht die Wiege des Appells doch im Unions-Lager. Sozialexperte und Fraktionsvize Wolfgang Heinberg hatte den Anstoß für den sozialen Arbeitsmarkt für Langzeitarbeitslose gegeben, der als Gelsenkirchener Appell von breitem gesellschaftlichen Konsens getragen wird. Fraktionschef Werner Wöll hatte das Programm gestern noch nicht gelesen, sagte aber auf Nachfrage der WAZ: „Diese Meinung ist in der jetzigen Fraktion nicht mehrheitsfähig.“

„Kein krasser Unterschied“ zur CDU-Linie

Wolfgang Heinberg als geistiger Vater des Appels – ebenfalls noch nicht „belesen“ – reagierte staatsmännisch. „Die Haltung der Jungen Union spiegelt die Spannbreite der Meinungen wieder, die es in einer Volkspartei gibt. Das müssen wir und andere tragen und ertragen, dass es im Detail unterschiedliche Ansichten gibt.“ JU-Vorsitzender Sascha Kurth selbst betrachtet die Passage des Programm nicht als krassen Gegensatz zur CDU-Linie. „Wir sind der Meinung, dass man den Menschen helfen und sie unterstützen muss, und zwar individuell.“

SPD-Fraktionschef erwartet ein klares Wort

Für SPD-Fraktionschef Klaus Haertel ist die Sache klar. Mit dem jetzt veröffentlichten Kommunalwahlprogramm „verabschiedet sich ein wesentlicher Teil der CDU vom Gelsenkirchener Appell. Immerhin ist der Vorsitzende der Jungen Union, Sascha Kurth, auch stellvertretender Kreisvorsitzender der CDU“, meint er. Düpiert würden auch die Sozialpolitiker in der CDU. Haertel erwartet von Heinberg und Wöll ein klares Wort, „was denn jetzt gilt“.

Auch die Jusos kritisieren die JU

Auch roter Parteinachwuchs kritisiert das Kommunalwahlprogramm der schwarzen Parteizöglinge: Dass die Junge Union (JU) entgegen der Position aller demokratischen Parteien im Rat – und damit auch der Mutterpartei – den Gelsenkirchener Appell ablehne und ihn als „gelebten Sozialismus“ bezeichne, zeigt nach Einschätzung von Sandra Latzke, Vorsitzende der Jungsozialisten (Jusos), „wie realitätsfern der CDU-Nachwuchs ist. Im Mittelpunkt müssen die Menschen und die Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit in Gelsenkirchen stehen.“ Vom „propagierten frischen Wind“ könne bei dem Programm der JU keine Rede sein.