Gelsenkirchen. .

Nicht für die Schule, sondern für das Leben lernen wir. Das Seneca-Zitat bringt Wilhelm Tax, 90, gerne in abgewandelter Form zum Besten, wenn er erläutert, warum er sich für den Schüler-Shop an der Rotthauser Straße 153 engagiert. Dort, wo früher Brot und Brötchen verkauft wurden, stehen Schülerinnen und Schüler der Hauptschule Am Dahlbusch und der Förderschule in Beckhausen, beraten Kunden, kalkulieren Preise und führen die Ladenkasse. Seit 2006 läuft der Laden – erfolgreich.

„In der Schule habe ich gelernt, ein Geschäft zu führen“, erzählt Tax. Das war von 1929 bis 1937. Die Zeiten haben sich zwar geändert, doch der Geschäftsführer der Gesellschaft für Wohnungsbau (GFW) ist überzeugt, dass der Weg ins Berufsleben über die Praxis läuft – und Praxis erlernen die Schüler im Schüler-Shop.

Vom Speicher in den Schüler-Shop

Wer ein Kaffeegeschirr, Karnevalskostüm, Gesellschaftsspiele oder ein Bild für die Wohnzimmerwand sucht, wird im Schüler-Shop schnell fündig. „Vom Speicher in den Schüler-Shop“ lautet das Motto. Im Laden herrscht Ordnung. Kommt eine neue Warenspende, werden die Sachen sortiert, ordentlich in Regale eingeräumt oder auf Tischen ausgelegt. Auch das lernen die Schüler: Wie präsentiere ich Ware? Wie führe ich ein Kaufgespräch? Welche Vorteile hat dieses Produkt? „Hier ist die reale Lebenssituation für die Schüler, in der Schule gibt es die Theorie“, sagt Gernot Samsel, Leiter der Hauptschule Am Dahlbusch.

Wohlwissend, dass gerade für Schüler mit Hauptschulabschluss der Weg in Ausbildung und Beruf ein schwieriges Kapitel ist. „Es fehlt einfach an Ausbildungsstellen in Gelsenkirchen“, sagt Samsel, der – mangels Nachfolger – ein weiteres Jahr als Schulleiter dran hängt, obwohl er das Pensionsalter schon erreicht hat. Ihn freut die Vernetzung der Hauptschule im Stadtteil Rotthausen. „Das ist für uns als Schule wichtig.“ Dazu gehört auch die Zusammenarbeit mit Hans-Günter Iwannek, der als Lesepate „unterwegs ist“. Und mit Wilhelm Tax.

Najma (17) schreibt jetzt Bewerbungen

Jugendliche ab der 7. Haupt- und ab der 8. Förderschulklasse kommen im Rahmen des Wahlpflichtunterrichts im Schüler-Shop zum Einsatz. Im Regelfall arbeiten sechs, sieben Schüler zusammen, werden u. a. von den Lehrerinnen Angelika Busch (Hauptschule) bzw. Beate Bastian (Förderschule) betreut. Zehntklässlerin Najma (17) hat schon mal im Schüler-Shop gearbeitet und fand es „abwechslungsreich“. Sie sucht eine Ausbildungsstelle zur medizinischen Fachangestellten, schickt aber auch Bewerbungen an den Einzelhandel. „Beides Berufe, bei denen ich mit Menschen arbeite.“ Der Schüler-Shop hat sie auf den Geschmack gebracht.