Gelsenkirchen. Gerne erinnern sich Josefine und Karl Wolters zurück an ihre Hochzeit. 70 Jahre ist das jetzt her. Eine Hochzeit in schlechten Zeiten, geschlossen während des Heimaturlaubs in Kriegszeiten. Heute feiert das Paar aus der Altstadt seine Gnadenhochzeit.
Alt muss man werden, das auf jeden Fall, will man mit seinem Partner auch noch die Gnadenhochzeit feiern. „Wir hatten immer eine gute Gesundheit“, sagt Josefine Wolters, inzwischen 94 Jahre alt, und ihr 96-jähriger Mann Karl ergänzt: „Wir haben immer bescheiden gelebt.“ Seit 70 Jahren ist das Paar heute auf den Tag genau (kirchlich) verheiratet, hat gute und schlechte Zeiten miteinander geteilt.
Es waren schlechte Zeiten, als sie 1943 den Bund fürs Leben schlossen. Josefine, die damals noch Franzen hieß, und ihr Verlobter waren im Kriegseinsatz. „Ich war als Labor- und Röntgenschwester im Osten“, erzählt sie. „Ich musste für die Hochzeit Urlaub einreichen.“ Gab es ein weißes Brautkleid?
Die Braut trug Schwesternhäubchen statt Schleier
„Natürlich nicht, so etwas hatte man damals nicht“, wehrt Karl Wolters ab und seine Frau erinnert sich: „Wir hatten unsere Uniformen an. Und ich dazu meine weiße Ausgehbluse.“ Das Hochzeitsfoto beweist: Auf dem Kopf der Braut saß kein Schleier, sondern eine weiße Schwesternhaube.
Unter den damaligen Umständen war es gar nicht so einfach, eine Hochzeit zu arrangieren. Das übernahm der frühere Religionslehrer des Bräutigams, der damals nach Paderborn versetzt worden war. Im dortigen Dom fand die kirchliche Trauung statt, die standesamtlich am Tag zuvor. Das Festmahl bereiteten die Nonnen aus dem Haushalt des Pfarrers zu. Das Hühnchen für die Hühnersuppe – ergattert auf Bezugsschein – brachten die Eltern der Braut aus Gelsenkirchen mit.
Erst nach Kriegsende begann das Paar sein gemeinsames Leben
Die Geschichte, wie sich Josefine und Karl Wolters näher kamen, hat ihre tragische Seite. Denn Anlass war der Tod von Josefines Bruder Paul, der 1939 beim Frankreich-Feldzug fiel und ein enger Freund von Karl Wolters war. Man teilte die Trauer, tauschte Briefe und blieb in Kontakt. Treffen waren kriegsbedingt kaum möglich. Eine Begegnung allerdings fand in Berlin statt, auf dem Weg Richtung Front im Osten. Noch heute erinnert sich das Paar strahlend an den ersten Kuss: „Den haben wir uns am Brandenburger Tor gegeben.“
Nach der Hochzeit mussten die jungen Eheleute noch bis nach Kriegsende warten, bis sie ihr gemeinsames Leben beginnen konnte. 1946 wurde der erste Sohn geboren, drei weitere kamen in den nächsten Jahren zur Welt. 1949 begann das Paar mit dem Bau des Hauses, in dem es heute noch lebt. Als Architekt arbeitete Karl Wolters schließlich einige Jahre im Bauamt der Stadt Gelsenkirchen, später in einigen großen Unternehmen im Revier, dann freiberuflich.
Schon vor zwei Jahren wurde die Gnadenhochzeit vorgefeiert
Seine Gnadenhochzeit hat das Paar schon vor zwei Jahren mit den vier Söhnen, fünf Enkeln und der Familie vorgefeiert. Karl Wolters: „In unserem Alter weiß man ja nicht was wird...“ Als Reminiszenz gab es einen Gottesdienst im Paderborner Dom und anschließend (auch) eine Hühnersuppe.
Den „richtigen“ Festtag ihrer Gnadenhochzeit wollen die Eheleute heute nur noch im kleinen Familienkreis begehen.