Gelsenkirchen.

Gelsenkirchen. „Ein Kreuz – grenzenlose Möglichkeiten“, unter diesem Motto sind am Samstag und Sonntag, 9. und 10. November, 79 610 Katholiken in den 30 Pfarreien und Gemeinden des Stadtdekanats Gelsenkirchen zur Wahl eines neuen Gemeinderates aufgerufen.

Ein Kreuz hat die katholische Kirche in diesen Tagen tatsächlich schwer zu schleppen. Aufgebürdet vom Bischof aus Limburg, stehen die Institutionen der Kirchen unter einem Generalverdacht: Geldverschwendung durch millionenteure Protzbauten.

Evangelische Kirche genauso betroffen

Die Quittung gaben Gläubige schon im letzten Monat. Die Zahl der Kirchenaustritte hat sich in Gelsenkirchen mehr als verdreifacht. 70 kehrten im Oktober der katholischen Kirche den Rücken. Zuletzt lag die Zahl im Vergleichsmonat aus dem Vorjahr bei 22. Aber auch die Evangelische Kirche scheint in diesen Sog mit hineingezogen zu werden. Auch hier gab es mit 51 deutlich mehr Kirchenaustritte als sonst (21).

Für den Vorsitzenden des Katholikenrates in Gelsenkirchen, Klaus Hermandung (60), ist dies eine bedenkliche Angelegenheit. „Das Bild, das derzeit von der Kirche vermittelt wird, ist schon verheerend.“ Obwohl für ihn das Fehlen eines Bischofs nicht gleich ein Grund ist, am Glauben zu zweifeln. Vielmehr würden Leute die Limburger Vorfälle zum Anlass nehmen, um auszutreten, weil sie ohnehin schon seit längerem nicht mehr viel mit Kirche zu tun hätten.

Immer weniger junge Menschen

Der Kirche fehle es heute an Lebendigkeit. „Ältere Menschen leben mit der Kirche und haben eine Bindung.“ Nur nehme die Zahl derer ab und sei es auch nur, weil sie nicht mehr gut zu Fuß sind. Im Gegenzug gebe es bei jüngeren Menschen immer weniger Bindung und Bezugspunkte zur Kirche. Dies komme auch in der geringen Wahlbeteiligung bei den Pfarrgemeinderatswahlen - unter zehn Prozent - zum Ausdruck.

Die Zusammenlegung von Pfarrgemeinden tue ihr übriges dazu, Bindungen von Menschen zu ihrer Gemeinde zu lösen. „Die Kirche ist jetzt an einen Punkt angelangt, an dem ihre Aufgabe auch begonnen hat. Sie muss wieder missionieren.“ Dabei sollte sie auch die Laien stärker beteiligten. „Warum muss immer ein Pfarrer dabei sein, wenn wenn kirchliche Handlungen ausgeübt werden?“, fragt er eher rhetorisch. Es könnten neue, von Laien betreute Gemeinschaften gegründet werden. Das Zusammenleben in den Gemeinden hält der 60-Jährige zu klerusbezogen. Da müsse sich die Kirche offener zeigen.

Erste Ansätze dazu hat er bei Äußerungen des neuen Papstes Franziskus entdeckt. Und angesichts des Priestermangels dürften engagierte Laien über kurz oder lang zwangsläufig stärker eingebunden werden müssen. Eine Art normative Kraft des Faktischen.