Gelsenkirchen. Das Haus Nummer 10 auf dem Gelände der ehemaligen Zeche Graf Bismarck in Gelsenkirchen hat nach 113 Jahren ausgedient. Nun soll dort ein Verwaltungs-Neubau für das ansässige Sozialwerk St. Georg entstehen. Der Abschied vom alten Gebäude wurde für viele Zeitzeugen ein wenig melancholisch.

Seit rund 113 Jahren steht das Haus Nummer 10 auf dem ehemaligen Gelände der Zeche Graf Bismarck. Mit dem Ende der Zechenwirtschaft ging das Gelände an das Sozialwerk St. Georg. Seit etwa 15 Jahren ist vom Abriss die Rede gewesen, doch erst jetzt nahmen Bagger das Gebäude auseinander. Und das war doch ein melancholischer Moment.

Von vorne sieht die Fassade noch unbeschädigt aus, doch hinter dem Gebäude stapeln sich die Materialien, die bei der Entkernung übrig geblieben sind und in Duisburg recycelt werden. Ein großer Bagger steht bereit, um den Zuschauern, die zur Abrissparty gekommen sind, zu demonstrieren, mit wie viel Kraft er das Gebäude einreißen kann. Doch bevor das passiert, beginnt die Party mit dem Steigerlied.

Viele Jahr und viele Umbauten auf dem Buckel

Eigentlich wurde das Gebäude für die Zeche Graf Bismarck gebaut. „Vor 66 Jahren und zwei Tagen habe ich hier meine erste Schicht begonnen“, erzählt Karl-Heinz Galle. Damals war er 14 Jahre alt und angehender Bergmann. Das Haus Nummer 10 diente derzeit als Verwaltungsgebäude und hatte schon viele Jahre und Umbauten auf dem Buckel.

„Mit 16 Jahren durfte man erst unter Tage, die zwei Jahre davor habe ich überall auf dem Gelände Hilfsarbeit für die oberen Bosse gemacht“, berichte Karl-Heinz Galle. Und auch das Haus Nummer 10 war für ihn ein Zwischenstopp. Mit dem Ende des Bergbaus wurde das Haus zum Heim für Menschen mit Behinderung. Damals noch unter ganz anderen Umständen, wie Gitta Bernshausen vom Vorstand St. Georg erläutert: „Zeitweise lebten dort bis zu 160 Klientinnen und Klienten in Vierbettzimmern. Diese beengten Verhältnisse, die Bettsäle der vergangenen Ära der Psychiatrie, dieser damalige Umgang mit Menschen mit Behinderung sind Gott sei Dank schon lange vorbei.“

Tagesstätte und Anlaufstelle für betreutes Wohnen

Die beengten Verhältnisse bekamen auch die Verwaltungskräfte des Sozialwerkes einige Jahre später zu spüren, nachdem das Haus als Tagesstätte und Anlaufstelle für betreutes Wohnen ausgedient hatte. Die Räume sind hoch, aber sehr eng und bieten weder genügend Platz, noch entsprachen sie dem heutigen Standard. Eine Sanierung des alten Gebäudes kam daher nicht in Frage, doch der Abriss zögerte sich noch einige Jahre hinaus.

Als der Bagger dann schließlich ansetzt, um ein Stück der alten Regenrinne zu entfernen, zücken Heimbewohner und ehemalige Kumpel die Handys und Fotoapparate. Ein paar Erinnerungen sollen bleiben. Das ganze Projekt, mit Abriss und Neubau, kostet das Sozialwerk 5,5 Mio. Euro. Das Haus soll bis zum Ende des Monats abgerissen sein. Dann entsteht in etwa zwei Jahren ein Verwaltungs-Neubau, der barrierefrei sein soll.