Gelsenkirchen/Essen.
Auffällig wirkt der hagere Rentner aus Gelsenkirchen-Buer, der am Mittwoch mit seinem langen, grauen Bart im schneeweißen Trainingsanzug vor dem Essener Landgericht sitzt. Versuchter Totschlag wirft die Anklage ihm vor, weil er im Nachbarschaftskonflikt mehrfach auf einen 39-Jährigen eingestochen haben soll.
Die Stiche haben eine längere Vorgeschichte. In der früheren Nachbarschaft des Angeklagten Manfred P. (68) hatte es Ärger gegeben. Er soll darauf mit heimlichen Eierwürfen gegen die Hausfassade seines Kontrahenten reagiert haben. Dieser schaltete eine Sicherheitsfirma ein, die am Haus einen Aufkleber anbrachte: „Dieses Objekt ist videoüberwacht.“ Prompt klatschen auch an die Fassade dieser Firma Eier. Das wollte sich ein 32 Jahre alter Mitarbeiter, der auf dem Gelände wohnt, nicht gefallen lassen. Mit zwei Freunden fuhr er zu dem Rentner, den er verdächtigte, die rohen Eier geworfen zu haben. „Als Zeugen“ nahm er die Freunde mit, sagt er. Möglicherweise bat er sie aber hinzu, um Eindruck zu machen.
Fünf Messerstiche
„Wir wollten nur reden. Wir wollten ihm sagen, dass er mit den Eiern aufhören soll, damit nicht die Polizei eingeschaltet wird“, sagt einer aus der Gruppe, der 39-Jährige. Laut Anklage sollen sie aber nicht zu Wort gekommen sein. Der Rentner soll im Treppenhaus ein Messer gezückt und fünfmal zugestochen haben. Er traf den 39-Jährigen im Bauch, an den Armen, im Rücken und am Auge. Noch heute leidet das kräftig gebaute Opfer an den Folgen, auch psychisch. Dem Sicherheitstechniker, der seine Freunde mitgenommen hatte, gelang es schließlich, dem Rentner das Messer abzunehmen.
Der Angeklagte weist jede Schuld von sich. Einen der zahlreichen Eierwürfe gibt er zu: „Herr Richter, ich wäre ein Schwein, wenn ich das nicht zugebe.“ Er will das Trio aber nicht angegriffen haben. Im Gegenteil: Er habe von hinten einen Schlag gegen den Kopf bekommen. Im anschließenden Gerangel habe er irgendwann einen Gegenstand in der Hand gehalten. Das war es. Der Prozess wird fortgesetzt, die Kammer hat bereits den Hinweis auf eine mögliche Unterbringung des Angeklagten in der Psychiatrie gegeben.