Essen. .

Nicht nur die Jugend, auch das Alter trägt Konflikte mit harten Bandagen aus. Am Donnerstag saß eine 70-Jährige vor dem Amtsgericht Essen, weil sie ihre 69 Jahre alte Nachbarin die Treppe herunter gestoßen haben soll.

Das Haus, in dem es am 22. Dezember 2010 zum Treppensturz kam, steht in dem sich gerne vornehm gebenden Essener Stadtteil Rüttenscheid. Die Bewohnerstruktur des dreistöckigen Mietshauses scheint mit Blick auf die Zuhörerschaft zwar ein wenig alt, aber durchaus bürgerlich.

Seit 2004, als die Angeklagte einzog, schwelt der Nachbarschaftskonflikt. Eine Woche nach dem Einzug, erzählt die 70-Jährige, habe ihre Nachbarin ihr vorgeworfen, die Treppe falsch zu putzen. Sie will weiter erzählen, aber Richterin Daniela Riedl stoppt sie: „Ich will den Nachbarschaftskonflikt nicht aufklären. Dass in dem Haus etwas nicht stimmt, fällt einem nach zwei Minuten Aktenstudium auf.“

Also zur Tat: Laut Anklage begegneten die Damen sich im Treppenhaus. Hinterrücks soll die 70-Jährige die Nachbarin so geschubst haben, dass diese acht Stufen hinunter stürzte. Die Angeklagte widerspricht: Tatsächlich sei sie tätlich angegriffen worden. Sie mutmaßt ihren Verdacht, dass das Opfer „das inszeniert hat“. Das glaubt ihr angesichts einer gebrochenen Schulter der 69-Jährigen zunächst keiner. Schwächen hat aber auch die Tatschilderung des Opfers.

Richterin Riedl verzichtet auf die absolute Wahrheit und stellt das Verfahren mit der Auflage ein, dass die Angeklagte unter der Leitung eines Bewährungshelfers die Kontrahentin trifft und sich beide Gedanken über einen vernünftigen Umgang machen. So eine Art Seniorentreff.