Gelsenkirchen. . Nachdem zwei Männer in Gelsenkirchen Kinder mit in ihre Wohnung nahmen, alarmierten Nachbarn die Polizei. Sie fürchteten einen Fall von Missbrauch, doch die Kinder fühlten sich weder bedroht noch belästigt. Trotzdem sehen sich die Männer seitdem einem aufgebrachten Mob gegenüber.
Was eine aufgebrachte Menschenmenge, dessen köchelnde Emotionen die rechte Szene noch perfide zu befeuern weiß, anrichten kann, das ist am Eppmannsweg in Hassel zu sehen: Farbschmierereien an der Hauswand, eine eingeworfene Scheibe einer Balkontür: Hier wurde der Kontakt zweier Männer – ein 59-Jähriger und dessen Stiefsohn (42) – zu einem Jungen (3) sowie einem Mädchen (10) aus der Nachbarschaft als Unwesen zweier angeblich vorbestrafter Sexualstraftäter per Mund-Propaganda aufgebauscht.
Kinder fühlten sich nicht bedroht
Indes, die Polizei findet keinerlei Verdachtsmomente. „Die beiden Kinder und ihre Eltern sind heute nochmals befragt worden, insbesondere die Kinder von einer Kriminalpsychologin“, sagte Karsten Plenker, er leitet die Ermittlungen. „Es finden sich keine Hinweise, die einen Verdacht erhärten würden. Die Kinder haben sich nie in ihrer persönlichen Freiheit bedroht oder belästigt gefühlt.“ Die Eltern hätten um den losen Kontakt im Vorfeld gewusst, so der Beamte weiter, und darin keinerlei Gefahr gesehen. Zudem seien beide Beschuldigten noch nie polizeilich in irgendeiner Form in Erscheinung getreten.
Eskaliert ist die Situation nach Angaben der Polizei am Mittwoch, als die beiden Kinder mit eisverschmierten Gesichtern in die gemeinsame Wohnung der Männer gingen. Dort wurden ihnen die Flecken aus dem Gesicht gewischt. Zeugen hatten darauf die Polizei alarmiert, die wenige Minuten später zur Stelle war.
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Danach schossen die Gerüchte ins Kraut. Karsten Plenker nennt auszugsweise: Stöckchenspiele (beim Aufheben unter den Rock sehen), angebliche Aussagen von ermittelnden Beamten im Gespräch mit einem der Männer, es mit Pädophilen zu tun zu haben („16 Jahre hatten wir Ruhe vor Dir, aber jetzt . . .“). „Die Fakten allerdings“, sagt Klaus Noske, „sehen völlig anders aus.“
Keiner der Vorwürfe sei zurzeit haltbar. Der stellvertretende Leiter der Polizeidirektion Gelsenkirchen und sein Kollege Norbert Langenberg – Leiter der Polizeiwache Nord und Einsatzleiter in dem Fall – warnten die Menschen rund um den Eppmannsweg eindringlich davor, voreilige Schlüsse zu ziehen und die Sache selbst in die Hand zu nehmen: „Sachbeschädigung, Körperverletzung oder gar Selbstjustiz werden wir unter allen Umständen verhindern.“
Polizei mit starken Kräften vor Ort
Mittwoch versammelten sich 40 Personen vor dem Wohnhaus der beiden Männer, tags darauf waren es schon 150, darunter viele aus der rechten Szene. Die Polizei rechnet mit weiteren Aufläufen und wird deshalb weiter stark präsent sein.