Gelsenkirchen.

Eine dreiviertel Stunde nach High-noon ist der Himmel über Gelsenkirchen immer noch in tristes Grau gehüllt. Auf der Wiese im Schatten des Consol-Förderturms weht ein kühler Wind. Im großen Pulk der viel zu hochsommerlich gewandeten Pressefotografen und Kameraleute klagen die ersten Kollegen. „Alter, ist das kalt geworden. Wann kommen die denn endlich?“

„Die“ lassen sich Zeit. Das Akademiker-Zeitfenster ist längst verstrichen. Die Gänsehaut wächst. Wacker wird von Schalker Hand noch mal eben die Böklunder-Werbung am Fuß der kleinen Tribüne frei gepflückt. Muss man doch lesen können, den Sponsorennamen.

13.15 Uhr: Die ersten Schnappschüsse

Der bunte Papierdrachen am grauen Firmament unterstreicht die frühherbstlichen Gefühle. Eine Hand voll zufälliger Zaungäste harrt tapfer im gebührenden Abstand zum Geschehen aus.

13.15 Uhr: Da kommen sie endlich. Braun gebrannt und gut erholt. Unruhe im Journalistenkreis; man und frau eilen den Knappen für die ersten Schnappschüsse entgegen. Coach Jens Keller ist schließlich als erster an der Tribüne, auf der das offizielle Mannschaftsfoto des FC Schalke 04 vor historischer Industriekulisse entstehen soll. Schalke-PR-Frau Katrin Herbstreit hat das Kommando, weist jeden einzelnen Spieler auf seinen Platz. Zuerst die Keeper, erste Reihe, Mitte. Ralf Fährmann, Timo Hildebrand und Lars Unnerstall sitzen. Weiter ...

„Was für ein Aufwand“, konstatiert Beobachter Werner Kleinhardt. Der 63-Jährige ist mit dem Rad unterwegs. Wie jeden Tag. Heute ist ein echter Glückstag für den Schalke-Fan. Er bleibt abseits von der (Foto)Schusslinie stehen, guckt sich das – nicht öffentliche – Treiben auf der großen Wiese an. Sagt: „Beim Training kommt man auch noch relativ nah ran.“

S04-Hausfotograf Karsten Rabas kniet nah vor dem Kader im Gras und brüllt zu den Spielern rüber: „Auf Drei bitte lächeln – eins, zwei drei!“ Klickklickklick. Nochmal „Eins, zwei, drei....“ Die teuersten Lächeln von Gelsenkirchen sind im Kasten. Sind halt Profis, die Jungs.

Justin darf bleiben

Aber das war ja erst der Anfang. Nach einem weiteren Mannschaftsfoto für Sponsor VW geht es ab vor den sanften Grashügel, an dessen Oberkante der schmale Radweg verläuft, auf dem Werner Kleinhardt steht. Alle Mann in eine Reihe. Weiter, weiter, weiter. So, passt. Jeder Spieler hat einen DIN A4-Zetteln mit Name und Spielernummer drauf. Damit das Who is Who bei den Porträts später für die Bildjournalisten nicht zum Rätselraten wird. Sind ja nicht alles Schalke-Fans, woll! Der Wind spielt einigen einen Streich. Nicht wegen der Haarpracht. Die sitzt bei jedem pikobello. Aber die Zettel vor den Füßen heben ab. Hui, auch Teemu Pukki muss flitzen. Kann er ja, kein Problem.

Der 63-jährige Fan zieht langsam weiter. Doch während das Trio vom Wachdienst Bremer GmbH Unbefugte, die sich zu nah an die Spieler wagen, freundlich aber deutlich vertreibt, darf einer bleiben: Justin. Der Zwölfjährige hat auf dem Heimweg nach der Schule – „Ich gehe immer über Consol“ – plötzlich nur noch Blau-Weiß gesehen. „Dann bin ich schnell nach Hause gelaufen und hab mein Trikot angezogen.“ Jetzt wartet er auf ein Autogramm von Lars Unnerstall. Er darf. Weil er höflich gefragt hat. Der Himmel über GE ist noch grau – über Consol scheint er königsblau!