Gelsenkirchen. . Ein 40-Jähriger, bis dahin gesunder Mann ist am 26. März bei der Einlieferung ins Krankenhaus gestorben. Die Todesursache ist noch unklar, der genaue zeitliche Ablauf ebenfalls. Der Anwalt der Familie spricht von einem Skandal.

Gibt es in Gelsenkirchen genug Kapazitäten für Notfälle in den Krankenhäusern und in der notärztlichen Versorgung? Die Frage stellt sich, wenn man den Fall des 40-jährigen Installateurs verfolgt, der am 26. März quasi auf einem Irrweg ins Krankenhaus verstarb. Ute Herrmann, die Mutter von Marc Rudi W. (Name der Red. bekannt), fragt sich auch, ob ihr Sohn noch leben könnte, wenn er auf direktem Weg zur Notfallversorgung ins Krankenhaus gekommen wäre. Das ist völlig offen, wird aber geprüft.

Ohne Trage in den Rettungswagen

Es war kurz nach halb neun, als Marco Jablonski den Hilferuf von seinem Freund und Nachbarn Rudi bekam. Er fand ihn zusammengekauert nach Luft ringend auf dem Boden seiner Wohnung vor und verständigte sofort via Notruf 112 den Notarzt. Gut fünf Minuten später kamen zwei Männer, die Blutdruck und Sauerstoff im Blut prüften und kurz darauf zwei weitere Männer – Jablonski vermutet, der Notarzt –, die weitere Untersuchungen vornahmen. Zwei der Männer stützten den Kranken unter den Armen und führten ihn aus dem ersten Stock die Treppe runter zum Krankenwagen, so Marco Jablonski. Das habe ihn sehr gewundert. In der Wohnung war vom Evangelischen Krankenhaus als nächstliegender Klinik die Rede. Weil die Leitstelle dem Rettungswagen jedoch signalisierte, dass das Haus sich für Notfälle mangels Kapazitäten abgemeldet habe, sagte man dem Freund bei der Abfahrt, man bringe den Patienten zum Marienhospital. Der Freund packte ein paar Utensilien für den Patienten und fuhr nach Ückendorf. Dort hieß es, der Patient sei im Ev. Krankenhaus.

Dort ist er tatsächlich eingeliefert worden, aber als Sterbender. Wiederbelebungsversuche blieben vergeblich. Dabei musste der Mann laut Protokoll bereits vorher reanimiert werden. Zunächst erfolgreich. Ob der Patient schon im Marienhospital war oder kurz vor dem Ziel umdirigiert wurde, ließ sich Freitag nicht klären. Der Sprecher des Marienhospitals, Uwe Becker, betonte jedoch, dass er es für undenkbar halte. Wenn der Patient da gewesen wäre, hätte man ihn nicht abgewiesen. Geklärt werden könne das aber nur mit der diensthabenden Ärztin vom 26. März, und zwar erst am Montag. Auch an der Munckelstraße ist der Diensthabende des Tages erst Montag aus dem Urlaub zurück.

Warten auf das Obduktionsergebnis

Der Fall des verstorbenen Marc Rudi W. beschäftigt jetzt auch Staatsanwalt Marcus Schütz. „Zunächst ist die alles entscheidende Frage, woran der Mann gestorben ist“, sagte der Jurist, der auf das Obduktionsergebnis der Rechtsmedizin wartet. Erst dann würde man sich mit der Frage beschäftigen, ob der Installateur hätte gerettet werden können und Detailfragen – etwa die exakten zeitlichen Abläufe des Unglücksfalls – klären.

Diese können von entscheidender Bedeutung sein, denn im Notfall ist das nächstgelegene und geeignete Krankenhaus anzufahren. Und es gilt: Niemand wird abgewiesen, schon gar nicht vor der Tür.

Der Anwalt der Familie, Sven Carsten, sprach von „einem Skandal.“ Einen Patienten abzuweisen, obwohl zuvor grünes Licht von Seiten des Hospitals gegeben worden sei, so sein bisheriger Kenntnisstand, deute auf organisatorische Fehler, welche auf die Führung des Krankenhauses zurückfielen. „Was passiert dann in Gelsenkirchen, wenn ein Schulbus mit 20 Kindern verunglückt?“, fragt Karsten.

Stadt und Feuerwehr geben sich wortkarg. Dieser Fall sei wohl eine Verkettung unglücklicher Umstände, hieß es. Man arbeite mit Hochdruck an der Ermittlung der Einzelheiten und hoffe, Anfang der nächsten Woche etwas mehr Klarheit zu haben.