Gelsenkirchen.

Oliver Wittke ist entspannt, trinkt einen Cappuccino, isst dazu ein Stück Kuchen im Café Albring & Rüdel in Buer. Über sich selbst sagt der Christdemokrat irgendwann im Gespräch: „Ich bin mit mir im Reinen.“ Was so viel heißen soll wie: Der 46-jährige Politiker hat kein Problem damit, sich ein Jahr nach der NRW-Landtagswahl als Direktkandidat seiner Partei für die Bundestagswahl im September aufstellen zu lassen – im Gegenteil.

Der Politiker Wittke ist also wieder einmal unterwegs, sich selbst neu zu erfinden. Liest man seine Vita, kann man leicht vergessen, dass der Mann aus Bülse noch gar nicht so alt ist: Oberbürgermeister in Gelsenkirchen war er schon, Minister für Bauen und Verkehr des Landes NRW, Generalsekretär der CDU NRW; und ganz aktuell ist er zum dritten Mal als Abgeordneter im Düsseldorfer Landtag vertreten. Die sehr stattliche Anzahl weiterer Funktionen sei an dieser Stelle völlig außer Acht gelassen.

Viele bedauerten seinen Entschluss

Dass Wittke etwas Neues versuchen würde, darauf konnte man fast warten. Einer wie er setzt sich nicht einfach in die hinterste Reihe eines Parlamentes, um in Ruhe sein Mandat abzuwickeln. Wittke will prägen, will gestalten in vordersten Reihen und das kann er in der aktuellen Konstellation, in der sich die CDU im Land, in Düsseldorf, befindet, nicht – woran er, wahlhistorisch betrachtet, eine nicht zu leugnende Mitschuld trägt.

Wie die Partei in der Landeshauptstadt seinen Entschluss, für Berlin zu kandidieren, aufgenommen habe? „Alle mit großem Bedauern. Und bei vielen hatte ich den Eindruck, dass sie es sogar ernst meinten“, sagt Wittke und richtet sich auf den Bund aus. Thematisch, fügt er an, würden rein kommunale Inhalte im Wahlkampf für Berlin kaum eine Rolle spielen.

„Der Gelsenkirchener Schulentwicklungsplan wird da nicht im Mittelpunkt stehen. Es geht eher um Inhalte wie Europa und Euro. Dabei dürfen wir nicht aus den Augen verlieren, dass wir keine Euro-, sondern eine Schuldenkrise haben. Der Euro ist unsere Währung. Deutschland profitiert als starke Exportnation sehr von ihm.“

"Selbst wenn die Renditen stimmen, werden Stellen abgebaut.“ 

Die Konsolidierung der öffentlichen Haushalte stehen auf Wittkes Zettel. Die Einführung einer Finanztransaktionssteuer auf virtuell anmutende Spekulationsgeschäfte. Die Arbeitslosigkeit ebenfalls: „Hier gewinnt die Angst der Menschen vor dem Verlust des Arbeitsplatzes eine völlig neue Bedeutung.“ Siehe Opel, siehe TRW oder auch Thyssen-Krupp.

„Leider gilt der Satz nicht mehr uneingeschränkt, dass es den Beschäftigten gut geht, wenn es ihrem Unternehmen gut geht. Selbst wenn die Renditen stimmen, werden Stellen abgebaut.“ Eine richtige wirtschaftliche Rahmengebung sei an dieser Stelle wichtig. Und Wirtschaft sei und bleibe eine der Kernkompetenzen der Union.

Zehnter Platz auf der Landesreserveliste

Was in Berlin auf ihn zukommt, weiß Wittke nicht. Wie auch. „Da warten ja nicht alle, dass ich komme“, sagt er lachend und mit Blick auf mögliche Platzhirsch-Konstellationen. Den Vergleich vieler Ich-AGs unter dem Holdingdach namens CDU lehnt er nicht ab. Seine Inhalte listet er, gut vorbereitet, auf: Kommunales, Bauen und Verkehr. Der Energie- und Verteidigungspolitik wolle er sich zuwenden.

Dass Oliver Wittke es schaffen wird, für die CDU in den Bundestag einzuziehen, daran bestehen kaum Zweifel. Dafür wird sein zehnter Platz auf der Landesreserveliste der CDU sorgen.