Berlin.. Ärgernis der Woche: Der Automobilclub ADAC kündigt einem Autofahrer aus Gelsenkirchen die Rechtsschutzversicherung. Die Begründung: Er habe zu viele Schadensfälle mit seinem Auto gemeldet. Auch wenn die Sache für den Kunden ärgerlich ist - die Versicherung ist damit im Recht.
Leser Hans Kuhlmann aus Gelsenkirchen traute seinen Augen kaum, als er das Schreiben des Automobilclubs ADAC öffnete. Schwarz auf weiß hieß es darin: „Zu Ihrem Rechtsschutzvertrag wurden uns (...) bis heute sieben Schadensfälle gemeldet. Wir machen deshalb von dem uns zustehenden Kündigungsrecht (...) Gebrauch und kündigen den Versicherungsvertrag in vollem Umfang.“
„Ich bin bald aus allen Wolken gefallen“, macht Leser Kuhlmann seinem Ärger in einem Brief an die Redaktion Luft. Dass der Automobilclub die Police jetzt gekündigt hat, kann der Sattlermeister, der in Gelsenkirchen ein Pferdesportartikelgeschäft betreibt, nicht verstehen. Seit 1972 ist er Mitglied im ADAC. Mit seinem Mercedes-Benz-Transporter ist er häufig beruflich unterwegs. Dann besucht er Reitsportanlagen oder Reitvereine – etwa in Dorsten oder Marl – um schlecht sitzende Sattel zu richten. Etwa 80.000 Kilometer kommen so im Jahr zusammen.
Bei den sieben Schadensfällen, die die Versicherung anspricht, handelt es sich um Geschwindigkeitsüberschreitungen zu deren Klärung Herr Kuhlmann jeweils den ADAC-Rechtsbeistand einschaltete. „Gerade für solche Fälle schließt man die Versicherung doch ab“, sagt er. „Wenn es nach dem ADAC ginge, sollten die Mitglieder wohl alle brav ihre Beiträge zahlen, aber bloß keine Leistungen verlangen.“
Wer viel kostet, gefährde die Beitragsstabilität
Die Redaktion hat nachgefragt: „Versicherungen sind im Grunde genommen Leistungen auf der Basis einer Solidargemeinschaft“, erläutert Michael Ludovisy, Schadensleiter Rechtsschutz beim ADAC. Die Unternehmen müssten auch betriebswirtschaftlich arbeiten. Gebe es viele Kunden, die überdurchschnittlich hohe Kosten verursachen, gefährde das die Beitragsstabilität. Im Zweifelsfall müsste die Versicherung die Beiträge erhöhen. Aus diesem Grund trennten sich Versicherungsunternehmen von Kunden, die überdurchschnittlich viel Geld kosten.
„Unsere Sachbearbeiter sind gehalten, neben dem Servicegedanken auch die Wirtschaftlichkeit des Versicherungsvertrages im Auge zu behalten“, so ADAC-Experte Ludovisy. „Bemerken sie, dass ein Vertrag aus dem Ruder zu laufen droht, weil die finanzielle Belastung zu groß zu werden scheint, weisen sie das Mitglied schriftlich darauf hin.“ In einem Schreiben erkläre man dem Mitglied, dass es bisher sehr hohe Kosten verursacht hat und dass sein Versicherungsschutz gefährdet sei, falls demnächst weitere Schäden reguliert werden müssten. Auch Herr Kuhlmann habe solch ein Schreiben erhalten.
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Entscheidend für die Kündigung seien die Anzahl der Schadensfälle, die Art des Schadens, die Vertragsdauer sowie die Schadenshöhe, so der ADAC-Schadensleiter. Rufe jemand regelmäßig die Versicherung wegen Bagatellverstößen auf den Plan, sei das nicht Sinn des Schutzes. „Es ist in der Regel doch unnötig, einen Parkverstoß von fünf Euro über einen Anwalt zu regulieren, wenn dieser 700 Euro kostet“, meint Ludovisy.
Der ADAC steht im Recht
Auch wenn es ärgerlich für Leser Hans Kuhlmann ist: Der Automobilclub steht klar im Recht. Häufig sehen es die Vertragsbedingungen vor, dass der Versicherer den Vertrag schon „außerordentlich“ kündigen kann, wenn zweimal in zwölf Monaten ein Versicherungsfall eingetreten ist. Beim ADAC und einigen anderen Unternehmen geht das sogar nach dem ersten Versicherungsfall.
„Weil es nicht so einfach ist, Verträge zu ändern, wollen viele Versicherer Altkunden loswerden, die ihnen zu riskant, also zu teuer sind“, sagt Michael Sittig von der Stiftung Warentest. Wer zu viel klagt, fliege durchaus raus. Der ADAC verhalte sich in punkto Kündigungen im Vergleich zu anderen Versicherern jedoch recht kundenfreundlich. „Eine Kündigungswelle, wie wir sie bei anderen Versicherern in der Vergangenheit beobachtet haben, hat der ADAC noch nie an den Tag gelegt“, so Sittig.