Gelsenkirchen. .
Wenn sich Geschichte wiederholt, dürfen sich 150 Mitarbeiter des Automobilzulieferers TRW Automotive am Standort Schalke Hoffnungen auf den Erhalt ihrer Arbeitsplätze machen.
Wie bei der drohenden Schließung des Vaillant-Werkes vor knapp 10 Jahren formiert sich ein breiter Protest gegen den Stellenabbau in der Stadt. 800 Teilnehmer marschierten am Samstag vom Musiktheater lautstark über die Bahnhofstraße zu einer Kundgebung auf dem Heinrich-König-Platz. Auch sonst gibt es viele Parallelen zur Vaillant-Rettung.
Das Werk ist topmodern
Die Vorwürfe, die die IG Metall gegenüber dem TRW-Management in London erhebt, gleichen denen, die 2003 bei Vaillant für Empörung sorgten. Es sollen in einem Werk Stellen abgebaut werden, das 2011 noch 20 Millionen Euro Gewinn gemacht hat. „Das Werk in Schalke ist topmodern und flexibel, die Mitarbeiter hoch qualifiziert“, so der Gelsenkirchener IGM-Bevollmächtigte Robert Sadowsky, der eine Begründung für die Rationalisierung seitens der TRW-Leitung vermisst.
„Eine Zahl nach der anderen löst sich bei Prüfung in Rauch auf.“ Was den Gewerkschafter auf die Palme treibt: Die Standorte in Europa würden gegeneinander ausgespielt werden. Mit den Gewinnen aus Gelsenkirchen werde die Produktentwicklung in Düsseldorf finanziert, die Produktion wandere aber ab nach Osteuropa. Die Belegschaft will ihren Teil vom Auftragskuchen langfristig abhaben. „Wo die Entwicklungsgelder erwirtschaftet werden, sollen auch die Produkte gefertigt werden“, so Ugur Coskun, Betriebsratsvorsitzender in Schalke.
Auf 40 Millionen Euro verzichtet
Er schimpfte auf die EU-Politik, die Steuergeschenke an anderen TRW-Standorten zulasse und so die Reise des Kapitals ermögliche. Als Schlag ins Gesicht der Mitarbeiter wertete Coskun die Tatsache, dass die Belegschaft in Schalke seit 2004 durch Ergänzungstarifverträge auf 40 Millionen Euro verzichtet hätte und so maßgeblich zur Sicherung des Standortes beigetragen habe. Einen Unterschied zu 2003 gibt es aber doch. Die Krise in der Automobilbranche, jüngst befeuert von der Opel-Schließung, sorgt auch bei TRW für einen Auftragsrückgang.
Der Konjunktur wollen die Mitarbeiter mit dem „Schalker Appell“ entgegentreten. „Kürzere Arbeit für alle, statt Arbeitslosigkeit für 150“, fasst Robert Sadowsky den Inhalt zusammen. Das Management solle die von der Bundesregierung vor einer Woche geschaffene Möglichkeit, das Kurzarbeitergeld auf 12 Monate zu verlängern, Gebrauch machen. Neben dem Protestmarsch und einer Mahnwache vor dem Werkstor schließt Sadowsky weitere Aktionen nicht aus. „Aufträge sind da, es wurde Leute gefragt, ob sie auf geplanten Urlaub verzichten.“ Sadowsky: „Wir können sie auch da treffen, wo es weh tut.“
Baranowski kritisiert Management
„Haben Sie den Arsch in der Hose und sagen Sie denen in London das“ – mit scharfen Worten beendete OB Frank Baranowski einen Begründungskatalog für den Erhalt der TRW-Arbeitsplätze, den er der Schalker Werksleitung ins Aufgabenheft diktierte. Nach einer Manager-Schelte lobte er den Protest: „Es ist gut, so viele Menschen zu sehen, die in der Stadt Stellung beziehen.“
Neben der Politik (SPD-Landtagsabgeordnete Heike Gebhard, SPD-Bundestagsabgeordneter Joachim Poß) kamen auch Vertreter der Kirchen zum Protestmarsch. Mitarbeiter der TRW-Werke Krefeld und Barsinghausen sprachen ihre Solidarität aus. Yasemin Rosenau, Betriebsratsvorsitzende bei Vaillant, erinnerte an den Kampf um Arbeitsplätze vor 9 Jahren. DGB-Regionschef Josef Hülsdünker forderte den Stopp der De-Industrialisierung.