Gelsenkirchen. Für die brutale Messerattacke auf seine 19 Jahre alte Ex-Freundin und seinen Nebenbuhler in Gelsenkirchen-Horst muss ein 27-Jähriger elfeinhalb Jahre hinter Gitter. Das Landgericht Essen erkannte versuchten Mord aus Heimtücke. Das Motiv des Täters: Eifersucht und Wut.

Gefasst nimmt Cihan S. (27) das Urteil des Essener Schwurgerichtes entgegen, nickt manchmal bestätigend bei den Ausführungen des Richters, der ihn für sein „offenes und bedauerndes Geständnis“ lobt. Doch das Urteil wird ihn trotzdem hart treffen: Elfeinhalb Jahre Gefängnis bekam er für die brutale Attacke auf seine Ex-Freundin und seinen Nebenbuhler in Gelsenkirchen-Horst. Auf versuchten Mord aus Heimtücke erkennt das Gericht.

Eifersucht und Wut sieht die Strafkammer als Hintergrund der Tat vom 12. April. „Es war ein Wüten mit dem Messer“, beschreibt Richter Andreas Labentz die Stiche gegen die 19 Jahre alte Ex-Freundin. 16 Stich- und Schnittverletzungen wies ihr Körper auf, sechs davon mit massiver Wucht gesetzt. In Gesicht, Hals, Oberkörper und Rücken traf er sie. Verletzte mit dem Messer ihr Rückenmark, so dass sie an den Beinen gelähmt wehrlos am Boden lag, als Cihan S. zustach.

Eifersucht, Gewalt

Seit September 2011 war die junge Frau mit dem Angeklagten zusammen. Gewalt, oft wegen seiner Eifersucht, belasteten die Beziehung. Im März 2012 machte sie deshalb Schluss mit ihm. Gleichzeitig war ihr langjähriger Freund aus der Haft entlassen worden, wo er ein Jahr verbüßt hatte. Die 19-Jährige traf sich wieder mit ihm. Der Angeklagte fand sich mit dem Ende der Beziehung aber nicht ab, lauerte ihr auf, drohte ihr, sie umzubringen.

Am 11. April bekam Cihan S. wohl endgültig die Bestätigung, dass sich zwischen der Ex-Freundin und dem Angeklagten etwas Neues angebahnt hatte. Weinend soll er darauf reagiert haben. Nachts folgte er ihnen, sprach sie um ein Uhr in Horst auf dem Verbindungsweg Fischerstraße/Emscherweg an: „Na, was für ein schönes Pärchen.“ Überrascht von seinem Auftauchen wollen die beiden weggehen, doch da sticht Cihan S. mit dem Messer zu. Zuerst auf den Mann, den er im oberen Bauchbereich trifft. Der Nebenbuhler sackt zusammen.

Stich in den Rücken

Cihan S. ist nicht zu bremsen. Er geht zu der 19-Jährigen, tritt ihr ein Bein um. Sie fällt zu Boden, er sticht in ihren Rücken. Sie bleibt liegen, hat kein Gefühl mehr in den Beinen. Er springt auf, verfolgt den flüchtenden Nebenbuhler, holt ihn aber nicht ein und kehrt zurück. Jetzt erst sticht er immer und immer wieder auf seine frühere Freundin ein. Als er sich sicher sein konnte, dass sie die Stiche nicht überlebt, geht er und stellt sich am nächsten Abend der Polizei.

Dass Cihan S. die beiden nur verletzen und nicht umbringen wollte, nimmt das Gericht ihm nicht ab. „Das Leben der Frau hing am seidenen Faden“, sagt Richter Labentz. Dass sie gerettet wurde, sei allein der Kunst der Ärzte zu verdanken.

Aggressionen im Elternhaus

Zwölf Jahre Gefängnis für versuchten Mord hatte Staatsanwalt Marcus Schütz gefordert. Verteidiger Wolfgang Zeitler wollte mit sieben Jahren und acht Monaten eine mildere Strafe wegen Totschlags. Er erinnerte an die schwere Kindheit des Angeklagten, der früh Aggression im Elternhaus erlebt hatte. Wie begrenzt die Möglichkeiten des Strafrechts sind, erkannte der Rechtsanwalt auch: „Was ist die gerechte Strafe? Ich weiß es nicht, sonst wäre ich Richter geworden.“