Gelsenkirchen. . Zeynelabidin Arslan beherrscht die Kunst der Ebru-Malerei. Der 49-jährige Gelsenkirchen will diese uralte Tradition an Jugendliche weitergeben.

Fast schon ehrfürchtig taucht Zeynelabidin Arslan einen wenige Millimeter dünnen Rosenholzstab für den Bruchteil einer Sekunde ins grünlich schimmernde Wasser. Gerade noch lang genug, dass sich auf der Oberfläche seines Malbeckens ein kleiner kreisrunder, roter Farbtupfer bildet.

Und vorsichtig genug, dass sich die marmorierte Oberfläche „nicht zu viel bewegt“ und die bereits fertigen Konturen seines Blumenbildes nicht verschwimmen. Zwei, drei weitere Mal führt der 49-jährige Maschinist aus Gelsenkirchen das Stäbchen über den roten Farbkreis, erst ist der Kelch einer Blume zu erahnen, danach die Blüten. Kurz darauf schwimmt eine leuchtend rote Tulpe in voller Pracht auf der Wasseroberfläche.

Jahrhunderte alte Kunstform

Zeynelabidin Arslan beherrscht „Ebru“-Malerei. Das alttürkische Wort heißt übersetzt Wolken, im Altpersischen bedeutet „ebri“ sinngemäß Himmelsfarbe. Ein Blick auf die Oberfläche genügt, um zu wissen warum. „Die Kunstform stammt aus dem 15. Jahrhundert“, erklärt Arslan. Oftmals seien damals wichtige Dokumente mit diesem Papier erstellt worden, weil die einzigartige Marmorstruktur als fälschungssicher gegolten habe.

„Ebru wurde aber auch als eine Art Meditation ausgeübt.“ Gerade Letzteres, die innere Ruhe, ist dem 49-jährigen Maschinisten wichtig. „Mit Ebru kann ich wunderbar abschalten, bleibt die Hektik des Alltages weit draußen“, sagt Arslan, der seit einigen Jahren in seiner Freizeit der Malerei nachgeht. Denn Ebru braucht Zeit, viel Zeit, und eine „sehr, sehr ruhige Hand“.

Kunst aus dem alten osmanischen Reich

Das Malen auf Wasser gilt als eine der prägenden Künste im Zeitalter des osmanischen Reichs. Dabei werden in einer dafür vorgesehenen Wanne verschiedene Farbmischungen auf Leimwasser aufgetragen und mit Spezialpinseln, die aus Rosenholz und Pferdehaar bestehen, in Ornamente, Kalligraphien oder Blüten verzogen.

Auch Jugendlichen bringt der Türke Ebru näher. Mehrere Seminare hat er bereits abgehalten, weitere werden folgen. Dabei geht es ihm natürlich auch darum, „dass diese alte Tradition nicht verloren geht“. Das ist nicht zu befürchten. Dicht drängen sich Sevval, Enise, Sedanur, Semanur und Esmanur um seinen Tisch. Leise Ohs und Ahs machen die Runde. Auch Aynur Gökmen hat Interesse: „Tolle Sache. Zurzeit übe ich Kalligrafie. Ebru mache ich als nächstes.“

Wie aber kommt das Wasserbild aufs Papier? „So“, sagt Arslan und legt vorsichtig einen Papierbogen aufs Wasser, drückt in sanft an und zieht das fertige Bild mit einer ebenso eleganten wie langsamen Bewegung wieder ab.

In der Ruhe liegt die Kraft? Nein, Schönheit.