Gelsenkirchen.
In einer gemütlichen Runde sitzen die Männer um ein Klavier herum und singen „Agnus dei“. Konzentriert blicken sie auf die Notenblätter. Wie jeden Freitag um 20 Uhr proben die 18 Sänger des Kirchenchores St. Franziskus im Pfarrheim an der Theodorstraße in Bismarck. Alles wie immer? Nicht ganz. Denn der St. Franziskus-Chor übt für einen ganz besonderen Anlass: Am 7. Oktober feiert er sein 120-jähriges Bestehen.
„Gerade erst haben wir doch noch das Jubiläum zum 100. gefeiert“, sagt Chormitglied Hubert Langer lachend und wirft einen Blick in die Vergangenheit des Chores. Im Jahr 1891 wurde die junge Gemeinde St. Franziskus in der Ortschaft Braubauerschaft – erst 1900 in Bismarck umbenannt – zur Pfarrei erhoben. Etwa eineinhalb Jahre später trafen sich zehn Männer mit dem Pfarrer, Pastor Friedrich Beyer, um einen Pfarr-Cäcilien-Verein zu gründen. Damit war der Grundstein des Männerchores St. Franziskus gelegt.
„Außer der Gründungsurkunde vom 16. Oktober 1892 gibt es leider keine schriftlichen Aufzeichnungen aus der Anfangszeit“, erklärt Hubert Langer. Ein besonderes Ereignis in der Geschichte des Kirchenchores war die Gründung einer Choralschola im Jahr 1927, die sich der Pflege des Gregorianischen Chorals als älteste Form der Kirchenmusik widmet. Momentan gehören ihr acht Sänger an. Zum 100-jährigen Jubiläum im Jahr 1992 wurde der Chor mit der Palestrina-Medaille und der Zelter-Plakette ausgezeichnet. „Darauf sind wir sehr stolz“, versichert Hubert Lange, der auch schon 1992 Mitglied im Chor war.
Eine Frau dirigiert
Über all die Jahre hinweg blieb der St. Franziskus-Chor ein reiner Männerchor. Einzige Frau, die „geduldet“ wird, ist Kirchenmusikerin Barbara Grundhoff. Seit zwei Jahren leitet sie den Chor und achtet bei den Proben auf das richtige Tempo, eine deutliche Aussprache und saubere Übergänge. Es wird so lange geübt, bis alles perfekt ist. „Ihr und ihrer Geduld haben wir viel zu verdanken“, sagt Hubert Langer.
„Der Männerchor ist eine Bereicherung für unsere Kirchenmusik“, betont Chorleiterin Barbara Grundhoff. Denn neben einem Gemeinschafts-, einem Gospel- und einem Jugendchor kann die St. Franziskus-Gemeinde eben auch einen Männerchor vorweisen. „Damit sind wir fast der einzige im Bistum Essen“, erklärt der erste Vorsitzende des Chores, Joachim Schleking stolz. Er ist mit 52 Jahren Mitgliedszeit am längsten im Chor aktiv. Das jüngste Chormitglied ist 47, das älteste 82. Das Durchschnittsalter liegt bei 69 Jahren. „Natürlich haben wir Probleme mit dem Nachwuchs“, sagt Joachim Schleking.
Wie eine große Familie
Die Zahlen sind seit Jahren rückläufig. Waren es in den 60er und 70er Jahren noch mehr als 80 Sänger, sind es jetzt nur noch 18 Männer, die dem Chor aktiv angehören. „Ich glaube, viele haben ein falsches Bild. Wir machen ja nicht nur Kirchenmusik“, betont Hubert Langer. Auch klassische und moderne Lieder in englischer und deutscher Sprache gehören zum Repertoire des Kirchenchores. „Wir treten auch in Altenheimen, Krankenhäusern oder auf Weihnachtsfeiern auf“, sagt Joachim Schleking. Das Besondere an dem Chor sei der Zusammenhalt.
„Er ist wie eine zweite Familie“, bringt es Sänger Kasimir Magner auf den Punkt. Gemeinsam erinnert sich der St. Franziskus-Chor an viele Ausflüge wie zum Beispiel ein Zeltlager in Reken. Dass die Chorgemeinschaft sehr verbunden ist, zeigt sich auch an Burkhard Langer. 23 Jahre war er Leiter des Kirchenchores. Zum Dank hat ihn der St. Franziskus-Chor zum „Ehrenchorleiter“ ernannt. Er wird auch beim Jubiläum nicht fehlen.