Gelsenkirchen. Das Berufskolleg für Wirtschaft und Verwaltung beendet die Themenwoche heute mit einem fairen Frühstück. Der Donnerstag stand im Zeichen der Schokolade. Und gleichzeitg Weltkindertag im Kalender stand, verband die Verbraucherberatung den Info-Tag mit dem Angebot, süße und faire Köstlichkeiten zu testen.

Wer in dieser Schule den Bildungsgang „Staatlich geprüfter kaufmännische Assistent“ besucht, ist zur Teilnahme an einem von zwei Projekten dienstfairpflichtet.

Wen wundert’s, ist das Berufskolleg für Wirtschaft und Verwaltung, ausgezeichnete Schule der Zukunft, doch entschieden fair und mit den Pädagogen Gregor Hellwig und Herbert Demke auch in der Steuerungsgruppe Fair-Trade-Stadt Gelsenkirchen vertreten.

Da versteht es sich quasi von selbst, dass sich das Kolleg aktiv an der bundesweiten fairen Woche beteiligt, die vor Ort am heutigen Freitag mit einem Frühstück endet – einem öko-fairen natürlich.

Feste Projekte in der Mittelstufe

Die Fäden für alles, was die Schule an nachhaltiger, entwicklungspolitischer und fairer Arbeit leistet, hat die Dritte Welt AG in der Hand. Das Lehrerkollegium ist die konstante Größe; Schüler wechseln häufig, was allein der Schulform geschuldet ist. „Es gibt unter dem Dach der Dritte Welt AG sechs Aktivitäten. Alles, was dabei an Erlösen übrig bleibt, fließt an einen Schulstandort im Norden Kameruns, den wir unterstützen“, erzählt Gregor Hellwig. Und erläutert, was es mit der Dienstfair-pflichtung der kaufmännischen Assistenten auf sich hat. „In der Mittelstufe gibt es zwei feste Projekte: den fairen Shop und das Projekt Mehrwert.“ Letzteres wird von der lokalen Agenda unterstützt und firmiert in der Schule auch schlicht als Ebay-AG. Der Versteigerungserlös fließt zum Teil in das Kamerun-Projekt. Der Fair-Shop wird seit rund zehn Jahren von Schülern in Alleinregie betrieben.

Seit Montag dieser Woche steht das Berufskolleg an der Augusta-straße nun auch im Zeichen der fairen Woche. Mit Vorträgen, Filmen und Informationen aus erster Hand wurde das grundsätzliche Anliegen des Handels transportiert: Die Lebensbedingungen der Menschen in Entwicklungsländern durch faire Arbeitslöhne verbessern, Kinderarbeit und Ausbeutung die Stirn bieten, Schulbildung ermöglichen.

1972 machte El Puente den Anfang

Angelika Grote, Öffentlichkeitsreferentin von Fairtrade Deutschland, erinnerte ihre jungen Zuhörer an die Anfänge der Fair-Handels-Bewegung, die in Deutschland 1972 mit der Gründung des Vereins El Puente ihren Anfang nahm. 1975 folgte die Gepa; wiederum zwei Jahre später wurde aus dem Verein die Handelsorganisation El Puente. Wer heute faire Produkte erwirbt, kennt das Fair-Trade-Siegel, Nachfolger des ersten Gütezeichens TransFair. Seit 20 Jahren kennzeichnet das schlichte Logo Produkte in den Regalen des Einzelhandels, die aus fairem Handel stammen.

„Aktuell gibt es fast 2000 fair gehandelte Produkte in 36 000 Geschäften zu kaufen“, zählte Angelika Grote den Ist-Stand auf. Der Umsatz im vergangenen Jahre in Deutschland: 400 Millionen Euro und damit ein sattes Plus von 18 Prozent. weltweit, so Grote, lag der Umsatz 2011 bei fünf Milliarden Euro und einem Zuwachs von zwölf Prozent. Der faire Handel, so scheint’s, ist eine Erfolgsgeschichte. Dass auch fair drin ist, wo das Siegel drauf steht, dafür sorgen laute Grote weltweit rund 100 speziell ausgebildete Inspekteure.

Und noch ein wesentlicher Punkt der fairen Handelsbeziehungen: Den Kooperativen in den Produktionsländern werden Prämien für Investitionen in eine ökologische und soziale Zukunft gezahlt. „Das Geld wird nie an Einzelne, sondern immer an die Gruppe gezahlt“, sagte Grote.

Damit der Erlös für das Kamerun-Projekt nicht abreißt

Die Mehrwert-AG des Berufskollegs braucht Nachschub. Janine Watzka (21) sagt: „Wir brauchen dringend Sachen für unsere Ebay-Versteigerungen.“ Wer also Dinge (bitte keine Möbel) abzugeben hat, und damit die Schüler unterstützen möchte, kann sich bei ihr täglich ab 14 Uhr melden: 0163 1401171.

Gibt es in Ihrem Haushalt schon faire Produkte?

Ja, fair gehandelte Produkte – an erster Stelle denkt dabei jeder an Kaffee, Kakao und Schokolade – sind teurer als Discounter-Ware. Aber: Wer den Weg bis zum Produktionsort, beispielsweise in Lateinamerika, zurück verfolgt, wer erfährt, wie sich die Lebensqualität der Menschen in den Kooperativen verbessert hat, kann nachvollziehen, dass diese Waren nicht zu Dumpingpreisen zu haben sind.

Die WAZ-Redaktion würde gern erfahren, wie Sie, liebe Leser und Leserinnen, mit dem Thema fairer Handel umgehen. Trinken Sie schon fairen Kaffee? Kochen Sie mit fairen Lebensmitteln, beziehungsweise Gewürzen – vielleicht mit Blick auf den Preis nur an bestimmten Tagen? Steht in ihrer Vitrine vielleicht schon ein fair produziertes Kunsthandwerk? Und: Was halten Sie davon, dass Gelsenkirchen sich nach dem entsprechenden Ratsbeschluss im vergangenen Jahr auf den Weg gemacht hat, Fair-Trade-Stadt zu werden?

Ihre Meinung interessiert uns. Schreiben Sie uns ganz einfach eine E-Mail an redaktion.gelsenkirchen@waz.de oder rufen Sie uns an: 170 94-30. Vielleicht haben Sie ja auch einen Tipp, wo man fair speisen kann und wo es faire Drinks gibt?