Gelsenkirchen. Ein 82-Jähriger Autofahrer wollte nur kurz seinen Wagen bewegen, um ihn in die Garage zu fahren. Er fuhr mit Schwung rückwärts gegen ein Baum. Das Gericht entzog dem Mann den Führerschein.

Günther K. wird die Fahrt im März dieses Jahres in seinem Daimler Chrysler im Traum wohl schon häufig wie einen bösen Film erlebt haben. Eine Fahrt, die rückwärts erfolgte, nur über 15 Meter ging und ihn vorerst den Führerschein kostete. Das Amtsgericht entzog dem 82-Jährigen, der den kurzen Trip vor seiner Wohnung im Haverkamp mit 1,64 Promille Alkohol im Blut unternahm, den Führerschein.

Emotional ging es zu vor der Einzelrichterin im Amtsgericht. Gericht wie auch die Staatsanwältin schwankten in ihrer Beurteilung der Alkoholfahrt zwischen dem sozialen Verständnis gegenüber dem gehbehinderten Mann und Hobbyangler und dem gesetzlichen Anspruch auf eine gerechte Strafverfolgung. Günther K. hatte seinen Führerschein noch mit Reichsmark bezahlt und sich in 65 Jahren immer korrekt hinterm Steuer verhalten.

Eine fatale Entscheidung

Vernünftig war es auch, sich nach einer Feier nicht mehr hinters Steuer seines Autos zu setzen. Ihm war klar, dass er zu viel getrunken hatte. Seine Frau fuhr den Wagen gegen 19.45 Uhr nach Hause. Sie parkte den Daimler Chrysler zunächst vor der Garage, weil sie noch schnell die Toilette aufsuchen musste. Da traf Günther K. die fatale Entscheidung, das leicht schräg stehende Auto nur kurz zurückzusetzen, um es dann gerade in die Garage fahren zu können.

Doch offensichtlich rutschte sein Fuß in dem Wagen mit Automatik-Getriebe vom Brems- aufs Gaspedal ab. Jedenfalls schoss das Auto 15 Meter rückwärts über eine Betonumrandung hinweg gegen einen Baum. Es ließ sich nicht mehr bewegen. Ein Zeuge, der seinen Dackel spazieren führte, hatte den Unfall beobachtet. Der Bitte des 82-Jährigen, doch nicht die Polizei zu holen, kam der Mann aber nicht nach.

Entschuldigung vor Gericht

So nahm das Schicksal seinen Lauf. Es endete zunächst mit einem Strafbefehl über 1000 Euro und einem vorläufigen Einzug des Führerscheins. Jetzt hatte das Gericht zu beurteilen, ob der 82-Jährige charakterlich ungeeignet zum Führen eines Fahrzeugs ist und somit die Fahrerlaubnis einzuziehen ist. Die Fahruntüchtigkeit ist bereits bei 1,1 Promille Alkohol im Blut erreicht. Das, so das Gericht, hätte auch der Angeklagte erkennen müssen.

Verteidiger Andreas Neumann appellierte an die Staatsanwältin, sich einen Ruck zu geben und die Tat nicht mit einer Alkoholfahrt quer durch die Stadt zu vergleichen. Doch Anklagevertreterin wie auch die Richterin sahen die erhebliche Alkoholisierung als zu gravierend an, um dem 82-Jährigen auf Grund seines bisher tadellosen Verhaltens einen Bonus zu gewähren. Fazit: Bei dem hohen Gefährdungspotenzial sei die charakterliche Eignung zu verneinen. Ohne jede Not habe sich Günther K. ans Steuer gesetzt.

Im letzten Wort entschuldigte sich der 82-Jährige und wünschte sich, auch weiterhin sein Hobby pflegen zu können. 15.000 Kilometer legt er jährlich zurück, um die schönsten Seen zum Angeln anzusteuern. Der Wunsch wird ihm mit dem Urteil zunächst verwehrt. Über den Weg der Berufung hofft er in zweiter Instanz auf ein milderes Urteil.