Gelsenkirchen.

Gelsenkirchen wird in Berlin von zwei Bundestagsabgeordneten vertreten. Für die SPD ist Joachim Poß dort seit 1980 in Amt und Würden und im besten Sinne ein Politik-Dinosaurier. Marco Buschmann dagegen ist erst seit 2009 Mitglied des Berliner Parlaments, ein Küken sozusagen.

Und nicht wenige haben ihm vor Wochen noch vorhergesagt, dass er im September 2013, bei den Wahlen, den Sprung in die Bundeshauptstadt nicht mehr schaffen wird.

Diese Einschätzung, wohlgemerkt, liegt nicht etwa an mangelnden politischen Qualitäten des 35-jährigen Juristen, sondern mehr an seiner Parteizugehörigkeit: Der Gelsenkirchener ist Liberaler, und gerade das, so die Annahme, könnte ihm bald schon wieder zum Verhängnis werden auf der politischen Bühne. Denn ein ähnlich starkes Ergebnis im Bund wie bei den Wahlen im Jahr 2009 traut der FDP derzeit kaum einer zu.

Das Erfolgsmodell NRW auf Berlin übertragen

Doch es ist viel passiert in den letzten Wochen. In Berlin immer, aber auch in Nordrhein-Westfalen. Die Landtagswahlen spülten die längst Totgesagten doch nach oben: die FDP. Christian Lindner, der als Person für diesen Erfolg steht wie kein Zweiter, ist ein Kumpel Buschmanns, soweit so etwas im Leben dieser politischen Ich-AGs überhaupt möglich ist.

Beide kennen sich seit Mitte der 1990er Jahre, „damals haben wir gemeinsam bei den Jungen Liberalen gearbeitet“, erinnert sich Marco Buschmann. In Berlin, ehe Lindner zurück ins Land ging, trafen sie sich wieder und werden künftig noch mehr miteinander zu tun haben als zuvor. Denn der NRW-Landes- und Fraktionsvorsitzende möchte seinen Parteifreund als Generalsekretär etablieren.

Für Buschmann ist das Mehrarbeit und Chance zugleich. „Ich soll als Generalsekretär der Verbindungsmann in Berlin sein“, sagt er. „Wir wollen das Erfolgsmodell NRW dorthin übertragen.“ Das Erfolgsmodell skizziert er in wenigen Worten: „Wir wollen als Team auftreten und arbeiten und deutlich formulieren, wofür wir politisch stehen. Und das müssen wir so sagen, dass es für Jedermann verständlich ist.“

Mehrarbeit wird es sein, weil Buschmann zwei intensive Jobs in einer Person vereinigen muss. Eine Chance ist es, weil er als Person, als Politprofi durch diese Verbindung zweifelsfrei gestärkt wird.

FDP-Klartext also: Ein Direktmandat wird Buschmann 2013 in Gelsenkirchen nicht holen, das wird nur Sozialdemokraten per Parteibuch in die Wiege gelegt, aber sein Status als NRW-Generalsekretär wird ihn auf der Reserveliste wahrscheinlich so weit nach vorne spülen, dass er, wenn die Liberalen nicht völlig untergehen, im nächsten Jahr erneut in den Bundestag einziehen dürfte.

Wahl zum „General“ beim nächsten Landesparteitag

Buschmann ist sich dessen bewusst, selbstverständlich ist er das. Deshalb findet er bei der Frage, ob es sich nicht um zwei unterschiedliche Vollzeitstellen handelt, die er da wahrnehmen soll, diese Antwort: „Da gibt es eine natürliche Arbeitsteilung und so unterschiedlich sind die Jobs gar nicht. Aber es ist schon so, dass ich künftig mehr reisen werde.“

Pendelverkehr zwischen Berlin und Düsseldorf, zwischen Gelsenkirchen, Bielefeld und Wermelskirchen. Es sei aber nichts, was er nicht schaffen könne, sagt der Abgeordnete.Es benötige lediglich hohe Arbeitsdisziplin und gute Mitarbeiter, an die man Aufgaben auch delegieren kann. Die habe er, worauf er stolz sei. „Und ich habe Spaß an der inhaltlichen Arbeit, an den Themen. Ich möchte nicht nur sachlich arbeiten und es auf Papier schreiben, sondern auch umsetzen.“ Prägen möchte Buschmann.

Kommissarisch wird er das zunächst machen. Ab 19. Juni. Die offizielle Wahl zum „General“ soll stattfinden, wenn der nächste Landesparteitag ansteht. Wann das sein wird, ist noch offen. Aber wenn die Basis ihn dann wählt, und wer zweifelt ernsthaft daran, wird es zunächst bis zum Jahr 2014 sein. Turnusgemäß.