Gelsenkirchen. Die Christdemokraten in Gelsenkirchen ließen Pizza und Pasta kalt. Entsetzen und Enttäuschung herrschten in der Rathauskantine. Beim Rücktritt von Norbert Röttgen macht sich Galgenhumor breit.

Schockstarre in der Kantine des Rathauses Buer: Als um 18 Uhr die ersten Prognosen über die Leinwand flimmern, Zahlen von unter 26 Prozent die Runde machen, tritt entsetztes Schweigen bei den Christdemokraten ein. Auch wenn nach und nach wieder Leben in die Bude einkehrt, Wahlparty sieht anders aus. Nur wenige mögen zu Pizza und Pasta greifen angesichts der frühen Hochrechnungen. Auch wenn der ehemalige langjährige CDU-Bundestagsabgeordnete Wolfgang Meckelburg tröstet („Auch da muss man durch“), die Gesichter könnten länger nicht sein.

„Ich bin innerlich total erregt“, gesteht CDU-Fraktionsvorsitzender Werner Wöll. Er sei klar gewesen, dass es schwierig wird, „aber alle schlimmsten Befürchtungen wurden sogar noch getoppt“. Blankes Entsetzen und tiefe Enttäuschung auch bei CDU-Landtagskandidat Frank-Norbert Oehlert: „Das ist desaströs, ein Erdrutsch für die Union. So ein Ergebnis macht betroffen.“ Dass die Wählerstimmung so sei, habe man nicht vorhergesehen: „An den Wahlkämpfern vor Ort hat es nicht gelegen, die haben alles gegeben.“ CDU-Kreisvorsitzender Guido Tann: „Hier war eine große Motivation zu spüren. Aber der Kuschelwahlkampf hat mehr gezogen.“

„Ich gründe demnächst die Partei der Indianer“

Jetzt greifen die ersten doch zur Pizza. Was die meisten ahnten, tritt zeitgleich ein: Röttgen erklärt seinen Rücktritt als Parteivorsitzender. Galgenhumor macht sich breit. „Ich gründe demnächst die Partei der Indianer“, frotzelt einer beim Blick auf die Ergebnisse der Piraten. Oehlert stöhnt beim Blick auf die Zahlen: „Da mag man ja gar nicht mehr hingucken.“ CDU-Kreisgeschäftsführer Ludger Jägers sagt: „Die Stimmung ist einfach gedrückt bei diesen Ergebnissen.“

Für eine Liedlänge lang können die Christdemokraten dann plötzlich doch noch feiern. Es gilt, den 43. Geburtstag von Rainer Heisterkamp zu besingen. Nord-Kandidat Oliver Wittke weilt derweil in Düsseldorf, nennt die Gefühlslage bescheiden, aber, immerhin: „Gelsenkirchen hat wohl einen dritten Landtagsabgeordneten.“ Ob Wittke auch Generalsekretär bleibt, ist offen.

ErststimmeMitteNordSüdOstWestGesamt
SPD56,8 (53,7)54,6 (51,5)55,9 (52,8)57,6 (53,5)58,8 (55,2)56,5 (53,2)
CDU20,0 (24,7)23,9 (26,3)20,7 (25,3)22,1 (25,9)21,1 (24,0)21,6 (25,3)
Grüne6,0 (6,3)5,8 (6,3)6,3 (6,8)4,9 (5,9)4,5 (5,1)5,6 (6,2)
FDP2,8 (3,3)3,9 (4,4)3,1 (3,6)3,1 (3,0)2,1 (2,8)3,1 (3,5)
Linke4,2 (8,2)3,0 (6,1)4,2 (7,7)3,5 (6,6)3,6 (6,9)3,7 (7,1)
Piraten10,2 (-)8,8 (1,4)9,8 (-)8,8 (1,5)9,9 (1,4)9,5 (0,8)

ZweitstimmeMitteNordSüdOstWestGesamt
SPD50,0 (47,3)49,3 (46,9)49,9 (46,8)52,5 (49,1)53,5 (50,8)50,7 (47,9)
CDU16,8 (23,3)19,4 (25,0)17,5 (24,2)18,0 (24,2)17,1 (21,8)17,8 (23,8)
Grüne8,5 (7,4)8,7 (8,1)8,6 (8,3)7,3 (7,1)6,5 (6,5)8,1 (7,5)
FDP4,0 (3,4)5,3 (4,1)4,5 (3,5)4,5 (3,5)3,5 (3,3)4,4 (3,6)
Linke3,7 (7,9)2,5 (6,4)3,4 (7,3)2,9 (6,9)3,2 (7,3)3,2 (7,2)
Piraten9,0 (1,5)8,0 (1,5)9,0 (1,6)7,6 (1,4)8,5 (1,5)8,4 (1,5)