Gelsenkirchen.

Es war der deutsche Dichterfürst Johann Wolfgang von Goethe, der das wohl bekannteste Gedicht über die österliche Aufbruchstimmung geschrieben hat. Sein „Osterspaziergang“ weckt auch heute noch Frühlingsgefühle. Die lyrischen Zeilen laden ein, die wiedererwachte Natur neu zu erkunden. Was Goethe im 19. Jahrhundert in Verse gekleidet hat, das kann der Spaziergänger auch heute noch entdecken. Eine Einladung, mit dem alten Geheimrat seinen berühmten Osterspaziergang in Gelsenkirchen nachzugehen.

Vom Eise befreit sind Strom/ und Bäche,/ Durch des Frühlings holden,/ belebenden Blick.

Wer erinnert sich nicht: Nach tagelangem klirrenden Dauerfrost fror der Rhein-Herne-Kanal im Februar zu. Der Hafen verwandelte sich in eine bizarre Eislandschaft. Und heute: Lädt das Ufer der vom Eise befreiten Wasserstraße zum Spazierengehen ein, zum Beobachten der vielen Frachtschiffe, die den Strom durchziehen. Für Touren mit der Santa Monika ist es allerdings noch zu früh: Die legt erst im Juni wieder ab.

Im Tale grünet Hoffnungsglück;/ Der alte Winter, in seiner Schwäche,/ Zog sich in rauhe Berge zurück./ Von dort her sendet er, fliehend nur/ Ohnmächtige Schauer/körnigen Eises/ In Streifen über die grünende Flur.

Vom Berg ins Tal sehen, das war nicht nur dem alten Dichter und Denker vergönnt. Wer auf die Halde Rheinelbe oder auf den Rungenberg kraxelt, der ist schnell dem Himmel ganz nah. Die Halde Rheinelbe liegt an der Leithestraße. Sie vereint mit ihrem Skulpturenpark beredt Natur und Kultur. Auf dem höchsten Punkt steht die von Herman Prigann konstruierte, zehn Meter hohe Skulptur Himmelstreppe.

Die Halde Rungenberg lädt ebenfalls zum Klettern ein. Erreichbar über die Horster Straße in Höhe Emil-Zimmermann-Allee oder über die Holthauser Straße präsentiert sich dem Wanderer auf dem Gipfel die Lichtplastik „Nachtzeichen“, geschaffen von Klaus Noculak und Hermann EsRichter.

Aber die Sonne duldet kein Weißes,/Überall regt sich Bildung und Streben,/ Alles will sie mit Farben beleben;/ Doch an Blumen fehlts im Revier, Sie nimmt geputzte Menschen dafür.

Sonne gab’s im März satt, so dass es an Blumen in diesem Revier nicht mangelt. Ob ein Bummel durch den Schrebergarten oder durch die Parkanlage von Schloss Berge: Die Natur blüht in den prächtigsten Farben.

Kehre dich um, von diesen Höhen/ Nach der Stadt zurück zu sehen!

Aus luftiger Höhe blickt seit dem letzten Jahr Herkules vom Nordsternturm über die Stadt. Der Park zu Füßen des 18 Meter hohen Lüpertz-Kolosses ist einen Spaziergang wert, bietet jede Menge Freizeit-, Natur- und Kulturangebote. Der Göttersohn selbst trägt auch über Ostern Korsett. Noch bis etwa Mitte Mai werden Laschen nachgeschweißt, die die Gussteile mit dem Stahlgerüst verbinden.

Aus dem hohlen finstern Tor
Dringt ein buntes Gewimmel hervor.

Eines der bekanntesten Torhäuser der Stadt entdeckt der Spaziergänger in der Erler Siedlung Schievenfeld. Die attraktiv restaurierte historische Werkssiedlung ist ein Highlight für Architekturfreunde.

Jeder sonnt sich heute so gern./ Sie feiern die Auferstehung des Herrn, Denn sie sind selber auferstanden. Aus niedriger Häuser dumpfen Gemächern, Aus Handwerks- und Gewerbesbanden,
Aus dem Druck von Giebeln und Dächern,/ Aus der Straßen quetschender Enge, Aus der Kirchen ehrwürdiger Nacht/ Sind sie alle ans Licht gebracht.

Wer dieses dörfliche Flair nachempfinden will, der ist bei einem Spaziergang durchs Alte Dorf Westerholt bestens aufgehoben. Ein Juwel mit seinen 58 gut erhaltenen und meist denkmalgeschützten Fachwerkhäusern.

Sieh nur, sieh! Wie behend sich die Menge durch die Gärten und Felder zerschlägt, Wie der Fluss in Breit und Länge/ So manchen lustigen Nachen bewegt,/ Und, bis zum Sinken überladen, entfernt sich dieser letzte Kahn.

Auch ein lustiger Nachen: die „African Queen“. Der Holzkahn gleitet in der Zoom Erlebniswelt Bismarck durch die Gewässer Afrikas, Blick auf Flusspferde, Paviane, Nashörner und Zebras inklusive. Die 15-minütige Tour ist im Eintrittspreis inbegriffen. Der Zoo ist offen von 9-18.30 Uhr.

Selbst von des Berges fernen Pfaden/ blinken uns farbige Kleider an./ Ich höre schon des Dorfs Getümmel,/Hier ist des Volkes wahrer Himmel./ Zufrieden jauchzet groß und klein:
Hier bin ich Mensch, hier darf ich’s sein!

Wo könnte ein Theaterfreund, ein Musikbegeisterter und kreativer Kopf in Gelsenkirchen besser Mensch sein als im schönsten Opernhaus des Landes? Einer von ihnen ist Prof. Werner Ruhnau, der sich als Architekt des Musiktheaters im Revier ein herrliches Denkmal gesetzt hat und sich in seinem Hause noch immer pudelwohl fühlt. „Wenn ich im Foyer sitze, dann bin ich ein echter Vollmensch“, lacht der Essener, der an den Feiertagen natürlich einen ausgedehnten Osterspaziergang unternehmen wird. Des Dichters Text mag er Zeile für Zeile: „Der Goethe, das war schon ein toller Hund.“