Gelsenkirchen. . Mitarbeiter von Bogestra, Stadt, Sparkasse und Co. gingen auf die Straße und forderten gut gelaunt 6,5 Prozent mehr Lohn.
„Let’s Streik Again, Like We Did Last Summer“ – Selten dürfte während einer naturgemäß eher ernst motivierten Protest-Kundgebung die Stimmung so ausgelassen gewesen sein wie am Mittwochmorgen auf dem Neumarkt. Die Gewerkschaft Verdi hatte angesichts der Tarifverhandlungen im Öffentlichen Dienst zum Warnstreik aufgerufen.
Knapp 1300 Beschäftigte von Bogestra, Stadtverwaltung, Sparkasse, Gelsendienste und Musiktheater legten ihre Arbeit nieder, um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen. 6,5 Prozent Entgelterhöhung, mindestens aber 200 Euro – das ist die zentrale Forderung der Dienstleistungsgewerkschaft. Auch für die unbefristete Übernahme von Auszubildenden machten die Redner auf der Bühne sich stark.
Polonaise mit Plakat
Um 9 Uhr trafen sich die Streikenden vor dem Musiktheater, zogen dann zum Neumarkt, wo um 10 Uhr die Kundgebung begann. Zum heimlichen Star der Verdi-Veranstaltung avancierte der Musiker Norbert Labatzki, der mit Musik und Gaga-Humor – themenbezogen, wohlgemerkt! – für schwingende Hüften und fröhliches Gelächter bei den Streikenden sorgte. Ihm zur Seite stand Alberto Di Febo, der mit bekannten Schlagern Stimmung machte. Folge: Polonaise mit Plakat.
Schunkeln für mehr Lohn
In den „Pausen“ machten auf der Bühne die Vertreter der verschiedenen städtischen Unternehmen ihrem Ärger Luft. Und das zum Teil sehr drastisch. „Wir lassen uns nicht verarschen“, rief Verdi-Geschäftsführerin Emscher-Lippe-Süd Martina Peil den Massen zu, kurz bevor diese sich im Anschluss an die Kundgebung um etwa 11 Uhr über die Bahnhofstraße zum Wissenschaftspark begaben, wo die Streikenden sich in die Streiklisten eintrugen. „Landtagsabgeordnete bekommen 500 Euro mehr – bei monatlich 10.000 Euro. Und wir? Nicht mal 200 Euro bei 2000 Euro Monatsgehalt. Da kann ich doch nur lachen!“ Auch die Vorredner aus den Lagern Bogestra, Sparkasse, IAG etc. schlugen in diese Kerbe, beklagten Arbeitsverdichtung und extrem lange Dienstzeiten bei gleichem Lohn, während für Rettungsschirme und Ehrensolde Geld da sei: „Die Verteilung in diesem Land stimmt nicht.“
Taxi-Unternehmen profitierten (nicht)
Der Öffentliche Personennahverkehr lag lahm. Da sollte man doch meinen, dass Taxi-Unternehmen richtig Reibach machen. So ganz stimmt das wohl nicht. „Heute morgen war es ein bisschen mehr als üblich. Aber sonst ist bei uns tote Hose“, sagte Taxi-Gelsen-Geschäftsführer Harald Grossmann in den Mittagsstunden auf Anfrage. Knapp 60 von 70 verfügbaren Wagen waren am Mittwoch im Einsatz. Auch in den späten Nachmittagsstunden hielt sich die Nachfrage im Rahmen, wie Mitarbeiter Gerfried Schwittau mitteilte. „Die Leute haben wohl ein bisschen vorgeplant.“ „Voll im Stress“ war man dagegen bei Taxi Stern. Yasemin Kararmis: „Unsere Fahrer warten sonst bis zu drei Stunden, heute nur 20 Minuten.“ Acht Taxen waren unterwegs – sonst sind es fünf.
20 Sparkassen-Filialen blieben geschlossen
Auch die Sparkasse zählt zu den öffentlich-rechtlichen Kreditinstituten. Deshalb blieben am Mittwoch in Gelsenkirchen 20 von 30 Filialen wegen des Warnstreiks geschlossen. „Es gibt auch Mitarbeiter, die nicht in der Gewerkschaft Verdi sind, und deshalb nicht am Streik teilnehmen“, sagte Sparkassen-Sprecher Udo Kramer. Daher seien die verbliebenen Angestellten so verteilt worden, dass über das Stadtgebiet verteilt zehn Filialen geöffnet bleiben konnten. Darunter auch die Hauptstelle, die paradoxerweise am Neumarkt angesiedelt ist, wo die Kundgebung stattfand.