Gelsenkirchen. Bei der Dichtheitsprüfung für Kanal-Hausanschlüsse heißt es: Warten auf die NRW-Entscheidung des Umweltministeriums. Fachfirmen fürchten derweil Fehlinvestitionen in Millionenhöhe.

„Noch ganz dicht?“ oder „Ein bisschen Druck muss sein“ – so werben seit Jahren die einschlägigen Unternehmen auch in Gelsenkirchen für die Kanaldichte-Prüfungen, mit denen Umweltfolgen leckender Rohrleitungen eingedämmt werden sollen. Fest gesetzlich verankert schien sie, die Umsetzung letztlich nur eine Frage der Zeit.

Acht „Sachkundige für Dichtheitsprüfung privater Hausanschlüsse“ führt z. B. das Landesamt für Natur-, Umwelt- und Verbraucherschutz für Gelsenkirchen auf seiner Internetseite auf. In einer Branche, in der sich auch zahlreiche zumindest „graue“ Schafe tummeln und in der Vergangenheit immer wieder vor dubiosen Firmen und übereilten Haustürabschlüssen gewarnt wurde, schienen die so geadelten Fachfirmen zumindest vor einer soliden wirtschaftlichen Zukunft zu stehen. Schließlich harrten Tausende potenzielle Kunden zwangsweise auf ihre Dienste, um lecke Kanalrohre diagnostizieren und dann dichten zu lassen. In NRW gibt es bis zu 4 Mio private Hausanschlüsse, bis zu 60%, heißt es, seien defekt oder entsprächen nicht mehr den technischen und gesetzlichen Anforderungen.

Umsetzung des Gesetzes ausgesetzt

Die Politik ruderte bekanntlich Ende 2011 zurück, setzte die Umsetzung des Gesetzes aus. Die Frist Ende 2015 scheint mehr als fraglich. Sollte die „gesetzliche Grundlage für die Kanalprüfungen wie geplant aufgeweicht und insbesondere die Prüfungspflichten in die Zukunft verschoben oder gar ganz aufgehoben werden, erwarten Branchenvertreter „eine Pleitewelle kleiner Kanalfirmen“ und Fehlinvestitionen von 300 Mio Euro für technisches Equipment und die Spezialausbildung von rund 2800 zertifizierten Sachkundigen.

Entsprechend werfen die Betriebe „Gegnern der Prüfpflicht Unehrlichkeit und parteipolitische Heuchelei vor, um Wählerstimmen zu gewinnen, zumal die Gegner noch vor nur sechs Monaten für die Dichtheitsprüfungen waren“, so Dieter Theis. Der Bochumer verbreitet für seinen Kanalservice NRW ein Pro und Contra zur Prüfungspflicht. Dass die Pro-Position mit sechs Seiten deutlich umfangreicher als die auf einer Seite aufgelisteten Contra-Argumente ausfällt, hat wohl auch durchaus mit Interessenlagen zu tun.

Häufigste Fragen auf Internetseite zusammen gefasst

Bei Gelsenkanal hat man die häufigsten Fragen und Antworten zum Thema längst auf einer Internetseite zusammen gefasst, zudem gibt es einen aufschlussreichen Info-Flyer für Hauseigentümer. Ansonsten sieht man dort derzeit keinen aktuellen Handlungsbedarf. „Eine Satzung haben wir in Gelsenkirchen bislang nur für Haushalte in Wasserschutzgebieten. Und da wird sich wohl nichts an der Prüfpflicht (bis 12/2014) ändern. Aber das betrifft auch nur 122 Häuser in Scholven. Die sind von uns separat angeschrieben worden“, sagt Joachim Weise, Abteilungsleiter für die Kanalunterhaltung.

Und die rund 40 000 weiteren Haushalte? „Für die gilt noch die alte Regelung. Aber insgesamt denken wir über eine Fristverlängerung bis 2023 nach und warten in aller Seelenruhe ab, ob das Umweltministerium im Januar sagt, wo es hingeht.“

Auch bei der GGW wartet man auf den Ausgang der neuerlichen Meinungsbildung. „Bislang haben wir nicht flächendeckend geprüft und saniert, sondern sind dort bei unseren Hausanschlüssen tätig geworden, wo Gelsenkanal seine Leitungen saniert hat“, sagt Geschäftsführer Harald Förster. Bei der Wohnungsbaugesellschaft hatte man „früh den Eindruck, dass die Diskussion noch offen ist“ und wartet nun „die Entwicklung ab“. Bleibt’s wie gehabt bei der Prüfpflicht, hat die GGW jedenfalls Geld zurückgestellt.