Gelsenkirchen. . Das Carl-Friedrich-Gauß-Gymnasium hat sich jetzt für zwei Tage einen ganz besonderen Lotsen an die Windschutzscheibe gehaftet: Der „Berufsnavigator“ soll Schüler dorthin lenken, wo ihre Interessen und Stärken liegen, quasi ihre berufliche Weitsicht schärfen.

Im Auto ist das Navigationsgerät keine Seltenheit mehr. Das Carl-Friedrich-Gauß-Gymnasium hat sich jetzt für zwei Tage einen ganz besonderen Lotsen an die Windschutzscheibe gehaftet: Der „Berufsnavigator“ soll Schüler dorthin lenken, wo ihre Interessen und Stärken liegen, quasi ihre berufliche Weitsicht schärfen.

Beim nächsten Talent halten sie sich links: Das Geheimnis der Methode liegt darin, dass befreundete Schüler sich gegenseitig einschätzen und Punkte für insgesamt 50 Eigenschaften wie etwa Durchhaltevermögen, Gründlichkeit, Raumvorstellung, Führungsfähigkeit und Kreativität vergeben. Im ersten Schritt schätzen die Schüler sich selber ein. Die Eingabe der Werte von 1 bis 7 erfolgt anhand einer kleinen Fernbedienung, die die Daten an einen Rechner übermittelt.

Thomas (18) weiß schon ziemlich genau, was er nach seinem Schulabschluss machen möchte: eine duale Ausbildung im Bereich Informatik soll es sein. Trotzdem hält er den Berufsnavigator für hilfreich: „Man bekommt noch mal andere Eindrücke.“ Auch Annika (16) begrüßt das System: „In der Gruppe ist man unter Freunden. Deshalb konnte ich die Stärken der anderen gut einschätzen.“

Stärkenprofil für jeden Schüler

Drei bis vier Schüler, die sich gut kennen, beurteilen sich gegenseitig und anonym – von „überragend“ bis „sehr schlecht“ reicht die Skala. Das System erstellt aufgrund der eingegebenen Werte ein Stärkenprofil und gibt jedem Teilnehmer zehn passende Berufsvorschläge. 350 Ausbildungsberufe gibt es in Deutschland, sagt Dominik Blechschmidt, Teamleiter für Berufsberatung der Agentur für Arbeit Gelsenkirchen. Knapp 90 davon würden im Ruhrgebiet angeboten. Die Agentur finanziert das Projekt gemeinsam mit den drei Rotary-Clubs in Gelsenkirchen. Für drei Schulen mit jeweils 100 Schülern, die das Projekt nutzen, stellt die Berufsnavigator GmbH 15 000 Euro in Rechnung. Bereits im Juli machte das Unternehmen an der Gesamtschule Horst Station, Ende dieses Monats folgt die Realschule Mühlenstraße. Das Fernziel, so Blechschmidt, sei es, den Berufsnavigator in alle Schulen zu schicken.

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Als „wichtigen Kollateralschaden“ empfindet Franz-Ludger Schürmann, stellvertretender Gauß-Leiter, dass die Schüler im Anschluss nicht nur zu 90 Prozent wüssten, wohin die berufliche Reise geht, sondern auch mit schulischen Leistungen schon auf ihr Ziel hinarbeiten würden.

Rebecca (18) möchte nach dem Abitur Medizin studieren. Sie ist eine der ersten, die aus dem abschließenden Beratungsgespräch kommt: „Ich hatte viele Berufe aus dem Bereich Wirtschaft in der Vorschlagsliste. Über Wirtschaft hatte ich bislang gar nicht nachgedacht. Aber es ist spannend zu erfahren, wo ich noch gut sein könnte.“