Gelsenkirchen. Peter Keup erzählte den Zehntklässlern von seinem Leben in der Deutschen Demokratischen Republik, dem Schulalltag, dem Ausreiseantrag seiner Eltern, der Beobachtung durch die Stasi und von seiner missglückten Flucht, die ihn ins Gefängnis brachte.
Als die Mauer 1989 fiel, waren die Zuhörer von Peter Keup (53) noch nicht geboren. Der Essener, der als 23-jähriger DDR-Bürger nach einem gescheiterten Fluchtversuch 1981 im Kittchen landete, erzählte am Donnerstagmorgen den Schülern der Mulvany Realschule die Geschichte seines Lebens. Und die knapp 100 Zehntklässler nahmen ihn ins „Kreuzverhör“: Ab wann haben Sie überlegt zu fliehen? Hatten Sie Kontakt mit der Stasi? Und wie war das mit der FDJ?
Die Deutsche Gesellschaft e.V. veranstaltet zurzeit bundesweit Informationsveranstaltungen in Schulen zum Thema „50 Jahre Mauerbau“ und organisiert dazu Dokumentarfilmvorführungen sowie Gespräche mit Zeitzeugen aus der ehemaligen DDR.
Drill und Gehorsam
„Was Ihr aus diesem Vormittag macht, liegt an Euch“, richtet sich Dr. Priska Jones von der Deutschen Gesellschaft zunächst an die Schüler und übergibt das Wort dann an Peter Keup, der heute in Essen als Tanzlehrer arbeitet. „Als die Mauer gebaut wurde, war ich drei Jahre alt“, steigt der 53-Jährige ein. „Als Kind habe ich später festgestellt, dass irgendetwas nicht stimmt.“
Die Familie im westdeutschen Essen durften er und seine Eltern, die 1956 aus dem Ruhrgebiet nach Radebeul gezogen waren, nicht besuchen. In der Schule waren Jeans und lange (Jungs), bzw. offene (Mädchen) Haare nicht erlaubt, es gab einen Fahnenappell, Drill und Gehorsam. Wer nicht spurte, kam zwecks Umerziehung in einen Jugendwerkhof.
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Von der Stasi überwacht
„Ab wann haben Sie überlegt zu fliehen?“ – Die Schüler hatten Fragen vorbereitet. Keup erzählt, dass im Grunde genommen alles im Jahr 1974 mit dem Antrag seiner Eltern auf Ausreise nach Westdeutschland angefangen habe. Ab da habe die Familie im Visier der Stasi gestanden. Keup flog von der Schule – einer Kaderschmiede – und aus dem Leichtathletik-Club. So landete er beim Tanzen, schaffte es in die Nationalmannschaft. Bei Turnieren im Ostblock wurde er von der Stasi überwacht, Wettkämpfe im kapitalistischen Westen waren ihm nicht gestattet.
„Wie wurde Westdeutschland dargestellt?“ – Als imperialistisch, mit Bürgern am Existenzminimum. „War die FDJ (Freie Deutsche Jugend) freiwillig?“ – „Wenn man schulisch weiterkommen wollte, musste man dahin. Frei war daran nichts.“
Keup wurde 1981 an der tschechischen Grenze gefasst. Nach neun Monaten Haft wurde er als Freikauf in die BRD entlassen. 1984 durften seine Eltern ausreisen.