Gelsenkirchen. . Nachdem ein vermutlich Pädophiler über Facebook Kontakt zu 10- bis 14-jährigen Schülern der Gesamtschule Berger Feld aufgenommen hatte, geht die Schule in die Offensive. 250 Väter und Mütter wurden über die Gefahren des Internets informiert.

Nachdem ein vermutlich Pädophiler vor wenigen Wochen über das soziale Netzwerk Facebook auf anzügliche Weise Kontakt zu 10- bis 14-jährigen Schülern der Gesamtschule Berger Feld aufgenommen hatte, geht die Schule weiter in die Offensive. Mit teilweise starkem Tobak informierte sie am Montag mit Hilfe von Experten bei einem Elternabend über die Gefahren des Internets.

Sebastian Barchnicki vom Institut für Internetsicherheit an der Fachhochschule Gelsenkirchen erzählte, dass er sich im Vorfeld der Veranstaltung unter dem Namen „Frederic Schöller“ ein Profil bei Facebook angelegt hatte. Als 13-jähriger Deutsch-Italiener, der Katzen mag und zur Gesamtschule Berger Feld geht, verschickte er munter Freundschaftseinladungen und wurde innerhalb kurzer Zeit von 16 „Mitschülern“ angenommen.

Einige hätten dem Unbekannten zwar Nachfragen gestellt, aber später auch ohne Rückmeldung von Frederic der „Freundschaft“ zugestimmt. Barchnicki: „Mit einer akzeptierten Freundschaftseinladung öffnet man sein gesamtes Privatleben.“ Für das Anlegen von Profilen in sozialen Netzwerken predigt der Internet-Experte das Minimalismus-Prinzip: Muss das Foto unbedingt online gestellt werden? Wer darf es sehen? Viele Fehler lassen sich durch die korrekten Einstellungen verhindern. Denn: „Eine gute Datenbank vergisst nie.“ Ist ein Foto einmal bei Facebook hochgeladen, behalte sich das Unternehmen mit Firmensitz in Kalifornien die Rechte daran vor. Aktuell, so Barchnicki, gebe es in Deutschland 15 Mio Facebook-Nutzer.

„Im Netz kannst du machen, was du willst. Da redet keiner"

Etwa 250 Väter und Mütter waren der eindringlichen Einladung von Schulleiter Georg Altenkamp ins Berger Feld gefolgt. „Ich verspreche mir von der Veranstaltung ein paar Tipps, wie man die Kinder vor möglichen Übergriffen bewahren kann“, sagte eine Mutter im Vorfeld. Und genau das ist das Problem. Einige Eltern hätten schlichtweg nicht die nötigen technischen Kenntnisse, um ihrem Kind einen verantwortungsvollen Umgang mit dem Internet zu vermitteln, sagte Georg Altenkamp in seiner Einführung: „Ziel ist nicht, die Neugier auf das Leben zu nehmen.“ Und Verbote seien kontraproduktiv.

Das ist auch die einhellige Meinung der anderen Experten auf dem Podium: Marion Rochel vom Kriminalkommissariat Vorbeugung der Polizei Gelsenkirchen, der Koordinator Prävention an der GS Berger Feld Christian Krabbe, Thomas Ringkowski von der Schulberatungsstelle (ehemaliger Schülerpsychologe der GS Berger Feld) und die Abteilungsleiterin der Jahrgänge 5 und 6 Conny Neumann.

Marion Rochel begann mit einer Art Schocktherapie. Sie zeigte auf der Leinwand die Kurzdokumentation „Net(t) Chat“, in der sich unter anderem eine Frau beim Chatten im Internet als 11-Jährige ausgibt und bald Geld für sexuelle Handlungen angeboten bekommt. An die Nerven gehen auch die gepixelten Kinderporno-Fotos, die aus dem Netz gefischt wurden. Geschockte, angestrengte Blicke bei den Eltern. Ein überführter Kinderschänder kommt in dem Film zu Wort: „Im Netz kannst du machen, was du willst. Da redet keiner.“ Dagegen hält Marion Rochel eine gesunde Familien-Kommunikation: „Wenn man sich dafür interessiert und seine Kinder fragt, dann erzählen sie einem ganz viel.“ Es gelte, eine gesunde Vertrauensbasis aufzubauen.

Ein Vater fragte, was er tun soll, wenn er sich selber nicht im Internet auskennt. „Das wichtigste ist, dass sie tätig werden. Beschäftigen sie sich mit dem Thema oder bitten sie einen Bekannten, der sich auskennt, um Hilfe“, empfahl Sebastian Barchnicki. Und das kann auch die Schule sein.