Gelsenkirchen.
„Es gibt ab und an Momente, da trifft Stadtgeschehen auf Weltgeschehen“, schrieb Oberbürgermeister Frank Baranowski kürzlich in seiner Kolumne.
Als aus Argentinien die Nachricht von der Verurteilung von sieben an Folter und Ermordung beteiligten Soldaten der bis 1983 herrschenden Militärdiktatur kam, war ein solcher Fall eingetreten. Zu den rund 30 000 Junta-Opfern zählte damals Elisabeth Käsemann. Am 24. Mai 1977 wurde die gebürtige Gelsenkirchenerin in Argentinien in einem der über 600 Geheimlager getötet – angeblich nach einem Feuergefecht, wahrscheinlicher ist eine Hinrichtung.
„34 Jahre nach ihrer Ermordung widerfährt Elisabeth Käsemann endlich Gerechtigkeit“, so der OB. Anfang 2010 wurde der Prozess wegen Mord und Entführung in über 100 Fällen eröffnet. Für Verbrechen gegen die Menschlichkeit wurden jetzt zwei Offiziere und fünf Wärter des Lagers „El Vesubio“ verurteilt. „Damit ist für Argentinien ein weiterer Schritt der Aufarbeitung der Militärdiktatur getan“, sagt Baranowski.
Tochter Ernst Käsemanns
Elisabeth Käsemann, Jahrgang 1947, war Soziologiestudentin und gehörte als Entwicklungshelferin in Argentinien einer Oppositionsgruppe an. Sie war die Tochter von Ernst Käsemann. Der Theologieprofessor war von 1933 bis 1946 Pfarrer in Rotthausen. Als Mitglied der Bekennenden Kirche wurde er in der NS-Zeit inhaftiert.
Von ihm stammt der Satz: „Ein verkaufter Mercedes wiegt mehr als ein Leben.“ Auch der Fall Käsemann wurde zunächst zum Symbol der Nichteinmischung durch die Bundesrepublik. In Gelsenkirchen trägt die ev. Familienbildungsstätte den Namen Elisabeth Käsemann. Das Urteil für den Mord hat die Homepage der Einrichtung noch nicht erreicht.