Gelsenkirchen. .

Was 11.11 Uhr am Rosenmontag im Rheinland, ist 15.35 Uhr am 22. Mai in Gelsenkirchen. Überpünktlich rollte der Pokalexpress aus Berlin im Hauptbahnhof ein und legte den Schalter um: Ausnahmezustand in Blau und Weiß. Karneval auf Schalke!

„Ohne Schalke is’ alles nur Fußball“ hatte ein Fan auf sein T-Shirt gedruckt. Und dass Schalke 04 viel mehr ist als nur Fußball, bewiesen abertausende Anhänger der Knappen auf der Strecke des Autokorsos vom Bahnhofsvorplatz durch Schalke bis zur Uferstraße. „Ein bisschen mehr Platz“, forderte die Polizei über die Außenlautsprecher an der Spitze des Korsos aus blütenweißen Cabriolets und zwei Trucks, von denen aus die feiernden Massen mit Schalke-Liedern beschallt wurden.

Aber da hatten die Ordnungshüter die Rechnung ohne die Fans gemacht. Denn jeder wollte den DFB-Pokal-Siegern so nah sein wie nie zuvor sein, und auch Manuel Neuer und Co. genossen diese Nähe offensichtlich. Minutenlang standen die Räder auf der Ringstraße still, denn für die Mannschaft gab es kein Durchkommen mehr. Die Spieler schrieben sich die Finger wund, um Autogrammwünsche zu erfüllen und stimmten lauthals in die Gesänge mit ein.

Vor allem ein „Dreigestirn“ wollten die Zuschauer einfach nicht weiterziehen lassen. Raúl, José Manuel Jurado und Sergio Escudero quetschten sich gleich zu dritt auf die Rückbank eines der Cabrios. „Raaauuul“ schallte es über die Ringstraße und der Spanier ließ sich nicht lange bitten. Immer wieder stellte er sich hin, zeigte seinen Fans den Pokal und tanzte ausgelassen auf dem Sitz.

Spitze gegen Borussia Dortmund

„Er ist ein Star zum Anfassen“, grinste Stadionsprecher Dirk Oberschulte-Beckmann. Und wirklich jeder an dem Raúl vorbeikam, strahlte ebenso vor Glück wie der Spanier selbst. Kaum fassen konnte das der kleine Nick. „Raúl hat mir Fünf gegeben“, sagte der Sechsjährige und zeigte stolz seine rechte Hand in die der Ausnahmestürmer eingeschlagen hatte. Und beinahe wäre der Spanier noch zu einer ganz besonderen Ehre gekommen. „Ich habe kurz überlegt, ob ich ihm meinen Ehering schenken soll“, sagte ein älterer Herr zu seinem Kumpel. Das Schmuckstück blieb dann doch am Ringfinger des selig lächelnden Knappen.

Jefferson Farfán war mit seinem Schmuckstück großzügiger. Als der Peruaner, der sich nebenbei seinen eigenen S04-Blockbuster mit dem Handy drehte, den Pott auf seinem Schoß hatte, durfte jeder am Straßenrand einmal die Hand daran legen. „Sowas gibt’s nur auf Schalke. Woanders stehen die Spieler hoch oben auf einem Wagen. Bei uns nehmen sie alle Fans einzeln in den Arm“, ließ sich Holger aus Ückendorf eine Spitze gegen den Revierrivalen aus Dortmund nicht nehmen.

In Sachen „meistgeknipstes Fotomotiv“ mussten sich die Knappen zumindest auf der Ringstraße aber doch geschlagen geben. Das Objekt der Fotografenbegierde war Kira. Die 9-Jährige trug es mit Fassung und erstaunlicher Gelassenheit – grinste in jede Linse. Die Rottweiler-Dame hatte sich für den großen Tag besonders in Schale geschmissen und ein Schalke-Trikot übergestreift. „Das macht sie ohne Probleme mit. Ich glaube, sie findet das Outfit ziemlich cool. Sie ist halt echter Schalker“, flachste ihr Herrchen – Karneval ist auf Schalke eben doch am schönsten.