Gelsenkirchen. . Für über eine Milliarde Menschen ist es der reine Luxus, in Deutschland gibt es jedoch reichlich davon: sauberes Trinkwasser. Zum Weltwassertag wird in Gelsenkirchen über eventuelle Grundwasserverschmutzung durch Erdgasgewinnung diskutiert.
„Wasser für die Städte – Antwort auf urbane Herausforderungen“ – so lautet das Motto am Weltwassertag. „Hier in Nordrhein-Westfalen, auch im Ballungsraum Ruhrgebiet, können sich die Menschen seit Jahrzehnten auf eine sichere und qualitativ hochwertige Trinkwasserversorgung verlassen“, sagt Dr. Manfred Scholle, Vorstandsvorsitzender des Branchenriesen Gelsenwasser AG.
Und doch hat das Thema des Weltwassertages für den Versorger eine Aktualität. „Die Hälfte der Fläche unseres Bundeslandes ist in Erlaubnisgebiete zur Aufsuchung von Erdgas im Bodengestein eingeteilt und genehmigt worden“, so Scholle. Es seien Probebohrungen sowohl an der Ruhr als auch im Münsterland geplant. Mit dem Einstieg in diese Technologie drohten Gefahren für Umwelt und Wasserversorgung.
43,25 Mio. Kubikmeter im Jahr 2010 verbraucht
In Gelsenkirchen sind am Ende alle Haushalte betroffen. „Die Stadt wird sowohl mit Wasser aus Haltern am See als auch aus der Ruhr versorgt“, sagt Heidrun Becker aus der Gelsenwasser-Pressestelle. Eine grade Linie könne man aber nicht ziehen.
Früher mal war der Kanal die Versorgungsgrenze zwischen Nord (Haltern) und Süd (Ruhr). Das ist verwischt. Die Ortsteile Feldmark, Rotthausen, Neustadt, Ückendorf sowie Bulmke-Hüllen erhalten ihr Trinkwasser aus der Ruhr. Alle anderen, auch die Altstadt, sind versorgungstechnisch an Haltern am See angebunden. Insgesamt gibt es 37 651 Gelsenwasser-Verträge für die Stadt, wobei sich hinter der Zahl deutlich mehr Haushalte verbergen. Der (Gelsen-)Wasser-Verbrauch pro Kopf liegt grundsätzlich bei 125 Litern/Tag, in Gelsenkirchen bei 144 Litern. Und: Im Jahr 2010 lag die Verbrauchsmenge für die gesamte Stadt bei 43,25 Mio. Kubikmetern.
Erdgasgewinnung könnte Grundwasser belasten
Doch zurück zur Erdgasgewinnung, dem Aufregerthema für Gelsenwasser: Aus unkonventionellen Lagerstätten, in denen Gas in Gesteinsschichten eingeschlossen ist, soll es mit Hilfe des „Frackings“ freigesetzt werden. Dabei könnten zum Teil giftige Chemikalien ins Grundwasser gelangen, so die Befürchtung.
Für eine unabhängige Begutachtung spricht sich Geophysiker Prof. Dr. Jörg Renner von der Ruhr-Uni-Bochum aus und betont, dass die geforderte Umweltverträglichkeitsprüfung nicht falsch sei. Generell stelle Fracking keine Gefahr dar. „Im Einzelfall muss geprüft werden, ob es natürliche Störungen gibt“, so Renner. Auch der Einsatz von Flüssigkeiten, die Quecksilber und Benzole enthalten, sei in gewissen Maßen vertretbar, da per Gesetz die Bohrlöcher gesichert sein müssen und die befürchteten Substanzen theoretisch nicht ins Erdreich versickern können.
Wasserbewusste Deutsche
Gelsenwasser fordert eine gründliche Auseinandersetzung mit den Risiken, die das Unternehmen in dieser Technologie sieht. „Wir brauchen keine Probebohrungen genehmigen, wenn dieses Verfahren nicht als zulässig erklärt wird. Darum muss sich die Landesregierung damit beschäftigen“, sagt Scholle. Vor allem müsse der Zeitdruck aus der Diskussion genommen werden, um einen Abwägungsprozess vorzunehmen. Das Gas könne auch in 20 Jahren noch gefördert werden mit Technologien, die umwelt- und vor allem wasserverträglich sind, so der Vorstandsvorsitzende.
Grundsätzlich ist es so, stellte gerade das Magazin „Der Spiegel“ fest, dass kaum eine Nation nördlich der Sahara so wasserbewusst sei wie die Deutsche. Dabei zähle unser Land zu den wasserreichsten der Erde. Es könne theoretisch fünfmal so viel Wasser verbrauchen wie derzeit, so die Hamburger. Zumal sich Leitungswasser nicht über Tausende Kilometer transportieren lasse.