Gelsenkirchen. . Wenn jemand eine Reise tut, so kann er was erzählen. Aber wenn sich gleich zwei Reisende zu Fuß und mit Null Euro in der Tasche auf den Weg nach Indien machen, dann kommen sie mit unzähligen Geschichten neun Monate später ins heimische Gelsenkirchen.

Wie heißt es doch gleich? Wenn jemand eine Reise tut, so kann er was erzählen. Aber wenn sich gleich zwei Reisende zu Fuß und mit Null Euro in der Tasche auf den Weg nach Indien machen, so wie Marcel (26) und Marlon (21) Stawinoga im April 2010, dann kommen sie mit unzähligen Geschichten im Rucksack neun Monate später nach Hause. Die Wander-Brüder sind zurück in Buer.

Zu erzählen gibt es mehr als genug

Zu erzählen haben sie tatsächlich mehr als genug. Am Ganges zum Beispiel explodierte 200 Meter hinter ihnen eine Bombe in einer Milchtüte! Ein kleines Mädchen starb bei dem Terroranschlag islamistischer Extremisten und es gab mehrere, teilweise schwer verletzte Opfer. Nur wenige Augenblicke zuvor hatten die Stawinogas an genau dieser Stelle gestanden. „Ich habe noch nie so einen lauten Knall gehört. Und die Druckwelle hat man gespürt, die ging durch den ganzen Körper“, schildert Marcel das Horror-Erlebnis. Dann sei es zu einer Massenpanik gekommen. Die Brüder ließen sich mitreißen, rannten mit. Später beruhigte sich die Lage. „Der Abend ist dann normal weiter verlaufen. Man hat das nicht realisiert“, sagt Marlon. Erst im Bett kam die Erkenntnis: „Moment mal, was ist da eben passiert?!?“

„Namaste“ - so sagen die meisten Inder Hallo. „Das heißt ,Ich grüße das Göttliche in dir’“, sagt Marcel. Und das passt irgendwie ganz gut, denn die Stawinogas wollten keinen Abenteuerurlaub machen, vielmehr wollte jeder von ihnen sich selbst ein wenig näher kommen. Parallel zur körperlichen Reise, die es ja zweifelsohne war, sei es vor allem eine geistige Reise gewesen, sagt Marcel: „Es ging darum, eine Auszeit zu nehmen, sich selbst zu reflektieren und es ging um die Frage ,Wo ist mein Platz in der Welt?’“

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Von DerWesten

Nichtsdestotrotz wurden sie mit Irdischem konfrontiert. Sie erlebten in Indien Leichenverbrennungen, Marcel wurde in Bulgarien mit einer Pistole bedroht und ebenfalls in Bulgarien erlebten die Brüder ein Gewitter, wie sie es noch nie zuvor gesehen hatten. Marlon erinnert sich: „50 Meter neben uns ist der Blitz eingeschlagen. Um Mitternacht war das Gewitter so heftig, dass das Zelt von den Blitzen durchgehend weiß erleuchtet war. Der Donner tat in den Ohren weh.“ Marcel: „Es hat einfach nicht aufgehört. Man hat echt gedacht: ,Gleich ist es vorbei’.“ Und damit meint er nicht das Gewitter.

Mit dem Zug durch Indien

Im Iran war Schluss: Die Reise durch Pakistan schätzte die deutsche Botschaft in Teheran als zu gefährlich ein. Deshalb gelangten die Brüder mit dem Flieger nach Delhi. Durch Indien reisten sie dann drei Monate lang mit dem Zug - Zu dreckig und zu gefährlich wäre der Fußmarsch gewesen. Nicht zuletzt deshalb kehrten sie auch drei Monate früher als geplant zurück. Am Ende der Reise hatte ihr Schrittzähler vier Millionen Schritte gemessen - 3500 Kilometer zu Fuß.