Gelsenkirchen. .

Dienstag drohen Schlitterpartien durch Eisregen. Gelsendienste wird nur in Grenzen reagieren können. Bei der Personalbelastung ist der Betrieb am Limit, zudem geht das Salz aus. Montag machte sich das Schneechaos ebenfalls noch deutlich bemerkbar.

Rutschende Autos, schmerzhafte Ausrutscher: Der Winter hat die Stadt im Griff. „Wir sind die Nacht wieder 600 Kilometer gefahren und haben geräumt. Aber die Effekte sind gering. Wir streuen Sole und Salz. Doch das bringt nicht mehr viel. Und Splitt wird von den Autoreifen weggesprengt.“ Uwe Unterseher-Herold, technischer Betriebsleiter der Gelsendienste, und seine Räum-Teams werden von den Schneemassen bis an die Belastungsgrenze gefordert.

Viele Rutschbahnen

Das Salz wird knapp

Der fünfjährige Joshua freut sich über einen kleinen Rodelhang im Diesingweg.
Der fünfjährige Joshua freut sich über einen kleinen Rodelhang im Diesingweg. © WAZ FotoPool
Vor der Kanalbrücke auf der Kurt-Schumacher-Straße in Gelsenkirchen bilden sich  immer wieder Staus, weil LKWs wegen der vereisten Fahrbahn die Steigung nicht bewältigen können und am Fuß der Brücke eine Spur blockieren.
Vor der Kanalbrücke auf der Kurt-Schumacher-Straße in Gelsenkirchen bilden sich immer wieder Staus, weil LKWs wegen der vereisten Fahrbahn die Steigung nicht bewältigen können und am Fuß der Brücke eine Spur blockieren. © WAZ FotoPool
0035800533-0056826345.JPG
© WAZ FotoPool
Wegen der teils verreisten und von festgefahrenem Schnee überzogenen Straßen setzte  manch Autofahrer auf Schneeketten.
Wegen der teils verreisten und von festgefahrenem Schnee überzogenen Straßen setzte manch Autofahrer auf Schneeketten. © WAZ FotoPool
Allmählich geht der Salzvorrat im Lager der Gelsendienste am Junkerweg in Gelsenkirchen zur Neige. Nur noch rund 70 Tonnen lagern hier.
Allmählich geht der Salzvorrat im Lager der Gelsendienste am Junkerweg in Gelsenkirchen zur Neige. Nur noch rund 70 Tonnen lagern hier. © WAZ FotoPool
Betriebsleiter Eckard Puzicha scheint das weiße Gold, das so begehrt ist in diesem frühen Winter, geradezu durch die Finger zu rinnen.
Betriebsleiter Eckard Puzicha scheint das weiße Gold, das so begehrt ist in diesem frühen Winter, geradezu durch die Finger zu rinnen. © WAZ FotoPool
Für Ärger sorgt immer wieder das rutschige Straßenpflaster auf der Bahnhofstraße in Gelsenkirchen.
Für Ärger sorgt immer wieder das rutschige Straßenpflaster auf der Bahnhofstraße in Gelsenkirchen. © WAZ FotoPool
0035800844-0056826350.JPG
© WAZ FotoPool
Die schönen Seiten des Winters: Impression bei Eis und Schnee am Haus Leithe am Junkerweg.
Die schönen Seiten des Winters: Impression bei Eis und Schnee am Haus Leithe am Junkerweg. © WAZ FotoPool
0035801014-0056826352.JPG
© WAZ FotoPool
Eine Schubkarre lehnt an einer vermosten Gebäudewand.
Eine Schubkarre lehnt an einer vermosten Gebäudewand. © WAZ FotoPool
Tief verschneit zeigt sich die Natur wie hier im Lohmühlenpark in Buer
Tief verschneit zeigt sich die Natur wie hier im Lohmühlenpark in Buer © WAZ FotoPool
0035777277-0056826355.JPG
© WAZ FotoPool
0035777265-0056826356.JPG
© WAZ FotoPool
Anwohner aus dem Diesingweg in Buer gönnen sich nach dem strapaziösen Schneeschieben am Morgen ein kleines Sektfrühstück auf der Straße.
Anwohner aus dem Diesingweg in Buer gönnen sich nach dem strapaziösen Schneeschieben am Morgen ein kleines Sektfrühstück auf der Straße. © WAZ FotoPool
1/15

Dienstag könnte es passieren, dass auch die Streukolonnen aufstecken müssen: „Für nachmittags ist Sprühregen angesagt. Dann kriegen wir eine echt gefährliche Situation“, warnt Unterseher-Herold vor extremer Glätte. „Wir können nur versuchen, die Hauptkreuzungen frei zu halten“, kündigt er an. „Darauf sollten sich alle vorsorglich mit ihrer Planung einstellen.“

Zu Rutschbahnen wurden Straßen schon Montag. Überall standen Lkw quer, oft ging es nicht weiter. Wie nachmittags beim Schichtwechsel in Scholven, als Pkw, Busse und Lkw sich gegenseitig auf der eisglatten Pawicker Straße blockierten. Linien-Busse und Bahnen fuhren oft mit 15 bis 30 Minuten Verspätung. Einzelne Haltestellen konnten zudem nicht angesteuert werden. Angesichts der Wetterlage zeigten „die Fahrgäste großes Verständnis für die Situation“, so Bogestra-Sprecher Christoph Kollmann.

Heiß ersehnte Lieferung

Gelsendienste konnte Montag nur noch in geringen Dosen streuen. Das Salz ist knapp. 1500 Tonnen hatte der Betrieb vor dem Winter gebunkert, längst wurden weitere 1500 Tonnen geordert. Doch die Lieferungen blieben aus. „Keine Chance, wir kriegen nix“, ärgerte sich Unterseher-Herold noch gegen Mittag. 85 klägliche Tonnen Salz lagen zu dem Zeitpunkt im Depot. „Die würden wir gerne für Dienstag zurückhalten, um damit das Eis abzustreuen.“ Stunden später hatte sich die Situation etwas entspannt. Zwei Salz-Lastzüge hatten den Betriebshof erreicht und die Bestände auf 130 Tonnen aufgefüllt. Unterseher-Herold: „Das verschafft etwas Luft für den Eisregen am Dienstag.“ Wobei die Betonung auf „etwas“ liegt. Schon an einem normalen Wintertag bringen die Streuwagen bis zu 100 Tonnen aus.

Gelsendienste im Dauereinsatz

Am Limit arbeiten Gelsendienste ohnehin seit Freitag im Dauereinsatz, um zumindest die großen Verkehrsachsen frei zu halten. Die weiße Masse bringt zunehmend Platz-Probleme. Nachts wurden Schneeberge abgefahren. „Von neuralgischen Punkten haben wir vor dem Schulverkehr versucht, den Schnee wegzuholen. Sonst wären Kinder hinter den Bergen nicht zu sehen gewesen“, so der technische Betriebsleiter.

Mit rund 50 Fahrzeugen, davon alleine 18 Großstreuern, ist Gelsendienste unterwegs. „Die Kollegen haben wirklich unheimlich hart gearbeit“, lobt Unterseher-Herold. Das Ruhr-2010-Abschlussfest am Nordsternpark und das Schalke-Heimspiel forderten die Räumkräfte zudem. Dennoch blieben natürlich großräumig „weiße Flecken“. Nichts ging mehr an diversen Steigungen, Autos (und ihre Fahrer) drehten auf spiegelglattem Grund durch.

Montag war auch die Müllabfuhr betroffen. In Nebenstraßen blieben Tonnen stehen. „Es ist problematisch. Wir versuchen reinzukommen, wo es geht und werden nachfahren“, verspricht Unterseher-Herold.

Immerhin: Schnee fegen auf den Dächern öffentlicher Gebäude konnte sich die Verwaltung (noch) sparen. Stadtsprecher Martin Schulmann: „Der Schnee liegt zum Glück noch nicht so hoch, dass die Stabilität von Flachdächern beeinträchtigt sein könnte.“

Hochbetrieb in den Krankenhäusern

Eis und Schnee machten sich auch in den Krankenhäusern und Unfall-Praxen bemerkbar. Allein im Bergmannsheil in Buer wurden dreimal so viele Frakturen und Verletzungen behandelt wie an normalen Wochenenden. „Die Ärzte kommen kaum noch aus dem OP raus, langsam wird sogar das Material an Platten und Schrauben knapp“, hieß es in der Klinik. Rund 20 Knochenbrüche und „die ein oder andere Verrenkung“ mussten nach Stürzen behandelt werden, so der Leitende Oberarzt Dr. Stephan Funk. Besonders betroffen: Hand- und Sprunggelenke.

„Gerade Ältere sollten in diesen Tagen unnötige Wege unterlassen, auch im Weihnachtsgeschäft. Dann kriegt das Enkelchen vielleicht mal ein Geschenk weniger“, warnt Funk vor riskanten Einkaufstouren auf Eisglätte.