Gelsenkirchen-Horst. Im Streit um die Bestattungsfläche in Gelsenkirchen-Horst-Süd zeichnet sich eine Lösung ab. Stadt droht mit höheren Friedhofsgebühren.

Das „Geschäftsmodell“ des Friedhofswesens mag die viel zitierte ewige Ruhe der Verstorbenen sein - für die Lebenden gilt das jedoch ausdrücklich nicht: Seitdem Gelsendienste vor rund zwei Monaten vorgeschlagen hat, den Friedhof Horst-Süd ab 2025 teilweise außer Dienst zu nehmen, steht die Stadttochter unter heftigem Beschuss. Nun zeichnet sich eine Lösung ab, die SPD- und CDU-Politiker aus Bezirksvertretung West und Rat gemeinsam erarbeitet haben. Sie könnte das Bestattungsareal womöglich retten.

Zu viel Fläche mit zu hohen Kosten für Gebäude-Instandhaltung und Grünpflege, zu hohes Grundwasser, eine marode Trauerhalle mit defekter Kühlung, und das alles bei einer sinkenden Zahl von Bevölkerung und Erdbestattungen: Die Argumente und Handlungsempfehlungen, mit denen Gelsendienste-Abteilungsleiter Dr. Matthias Holzmann jetzt in der Bezirksvertretung West antrat, sie waren dieselben wie Anfang April. Etwas Neues, nein, das gebe es da nicht, teilte er auf Nachfrage von Bezirksbürgermeister Joachim Gill (SPD) mit, der prompt konterte: „Dann gibt‘s jetzt von uns etwas Neues!“

Gemeinsames Gelsenkirchener Papier von SPD und CDU korrigiert Stadt-Vorschlag

Was die große Koalition in der Sitzung präsentierte, war eine gemeinsame Beschlussempfehlung für den Betriebsausschuss Gelsendienste am 26. Juni, die dem Hauptargument des zu hohen Grundwassers zwar teils Rechnung trägt mit dem Passus, dass in den Randbereichen mit sehr hohem Grundwasser keine neuen Gräber vergeben werden sollen.

In den entscheidenden Punkten korrigiert das Papier aber die Verwaltungsvorlage: So wird Gelsendienste beauftragt, ein externes Gutachten anfertigen zu lassen, das den genauen Grundwasserspiegel an mehreren Stellen ermittelt. Auf dessen Basis soll die Stadttochter dann einen neuen Entwurf vorlegen, der auch künftig Beisetzungen auf städtischen Grabfeldern ermöglicht.

Gelsenkirchener fordern Baugutachten zu teilweisem Rückbau von Aufbahrungsräumen

Die Aufbahrungsräume sollen, so die Beschluss-Empfehlung weiter, von einem Baugutachter dahingehend geprüft werden, ob ein (teilweiser) Rückbau „unter Berücksichtigung der Belange der verbleibenden Trauerhalle ersatzlos möglich und wirtschaftlich sinnvoll wäre.“ Für die frei werdende Fläche regt die große Koalition Naturstein-Stelen an, in denen jeweils drei bis fünf Urnen beigesetzt werden könnten.

Die Trauerhalle schließlich, die Gelsendienste eigentlich samt Aufbahrungsräumen ersatzlos abreißen will, soll mit den Toilettenanlagen so lange erhalten bleiben, wie kein gravierender Instandsetzungs- und Sanierungsbedarf auftritt, dessen Aufwand in keinem Verhältnis zur Nutzung steht.

Grüner Bezirksverordneter konnte Mehrheit nicht für seinen Antrag gewinnen

Während SPD- und CDU-Verordnete das gemeinsame Papier mit ihrer Mehrheit beschlossen, votierte die AfD dagegen („die Darstellung von Gelsendienste ist schlüssig und konstruktiv“, so Manfred Obernyer). Linke und Grüne enthielten sich, obwohl auch sie die teilweise Außer-Dienststellung des Friedhofs Horst-Süd ablehnen. Mirco Kranefeld (Grüne) hatte jedoch zuvor einen eigenen Änderungsantrag vorgelegt, der ebenfalls auf einen Weiterbetrieb abzielte.

Darin fordert er u.a. ein Kolumbarium zur Urnenbestattung, die Prüfung von Grundstücks-Käufen für neue Bestattungsflächen sowie den Abriss (nur) des nördlichen Teils der Trauerhalle samt Kühl- und Aufbahrungsräumen. Dabei zeigte er sich ausdrücklich offen für Änderungen und Ergänzungen anderer Fraktionen, „damit wir ein gemeinsames Signal aussenden.“ Überzeugen konnte er die anderen Parteien aber nicht. Bis auf Tomas Grohé, der sich enthielt, lehnten SPD und CDU sein Papier ab.

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Während SPD-Fraktionssprecher Udo Gerlach sich optimistisch äußerte, auch im Betriebsausschuss und am 4. Juli im Rat eine Mehrheit für die Beschluss-Empfehlung zu bekommen und den Friedhof so retten zu können, konnte Gelsendienste-Abteilungsleiter Holzmann nur Negatives entdecken: „Das geforderte Gutachten kostet Geld und etwa ein Jahr Zeit, in der alles beim Alten bleibt. Dabei machen wir in Horst-Süd schon jetzt 200.000 Euro Verlust im Jahr.“ Dieses Minus „wird sich erhöhen und auf die Gebühren auswirken“, kündigte er an.