Gelsenkirchen-Horst/Beckhausen. Entsetzen über geplantes Teil-Aus von Friedhöfen: „Attacke auf Stolz!“ Wie Gelsenkirchener Politiker die Maßnahmen verhindern wollen.
Eigentlich wollten sich SPD und CDU in der Bezirksvertretung West überhaupt nicht zur geplanten Teil-Schließung der Friedhöfe Horst-Süd und Beckhausen äußern. Zu kurzfristig sei die Verwaltungsvorlage eingegangen, erklärten sie – und kündigten an, das Thema zu vertagen. Aber ihre Empörung konnten sie dann doch nicht zügeln: Fast eineinhalb Stunden kritisierten sie die Pläne massiv. Am Ende war es jedoch Baudezernent Christoph Heidenreich, der die Politiker mit einer süffisanten Bemerkung so richtig auf die Palme jagte.
Zu viel Fläche mit zu hohem Pflegeaufwand angesichts sinkender Bevölkerungszahlen, zu hohes Grundwasser, eine marode Trauerhalle mit nur 30 Prozent Auslastung: Was Gelsendienste-Abteilungsleiter Dr. Matthias Holzmann als Gründe für die teilweise Außer-Dienst-Stellung des Friedhofs Horst-Süd anführte, vermochte keinen Bezirksverordneten vollends zu überzeugen. Ebenso verhielt es sich in Bezug auf den Alten Friedhof Beckhausen, der 2020 ausschließlich als „Friedhain“ reaktiviert wurde, aber laut Gelsendienste eine zu geringe Nachfrage verzeichnet.
Gelsenkirchener Bezirksbürgermeister: Horster müssen in Horst bestattet werden können
„Hier handelt es sich um eine schwerwiegende Attacke auf die Eigenständigkeit und den Stolz des Stadtteils“, schimpfte Mirco Kranefeld (Grüne), während Bezirksbürgermeister Joachim Gill (SPD) Klartext redete: „Es darf nicht dazu kommen, dass Horster nicht mehr in Horst bestattet werden können!“
Auch CDU-Fraktionsvorsitzender Franz-Josef Berghorn bezeichnete die Pläne als „inakzeptabel“, zumal sie auf einer in Teilen falschen Verwaltungsvorlage fußten: Die Trauerhalle sei nicht marode, sondern nur renovierungsbedürftig, betonte der Horster Bestattungsunternehmer, und das hohe Grundwasser sei nur auf einem Teil der Fläche problematisch. „Wenn man diesen Bereich nicht mehr belegt, kann man den Rest normal weiter nutzen.“
Gelsenkirchener Dezernent bringt Politiker mit Bemerkung gegen sich auf
Dass Gelsendienste keine topografische und keine Überflutungskarte beigefügt hatte, kritisierten sowohl Linke als auch FDP, ebenso fehlte es ihnen an künftigen Nutzungsperspektiven dieser „strategisch großen Fläche“.
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Mitten in dieser Generalkritik wies der Baurat fast beiläufig darauf hin, „dass die Bezirksvertretung laut Geschäftsordnung eigentlich nicht mal angehört oder beteiligt werden müsste“. Da sei es doch entgegekommend, dass das Thema trotzdem der BV vorgelegt wurde, obwohl der Betriebsausschuss Gelsendienste und der Rat die federführenden bzw. Entscheidungsgremien seien.
Gelsenkirchener Politiker schlägt Lösung für Friedhof Horst-Süd vor
Es war Gill, der als erstes seine Fassungslosigkeit in Worte fasste („ich möchte am liebsten empört den Saal verlassen“). Garbe wertete eine „Missachtung der BV“ als „bedenklich“, während Kranefeld dem Baurat eine befremdliche „Gutsherrenart“ attestierte.
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Inhaltlich schlug er vor, auf dem Horster Friedhof wegen des hohen Grundwassers künftig nur noch Urnenbestattungen anzubieten – was Holzmann als „vielleicht möglich“ bezeichnete. Zur Überprüfung müsse jedoch ein teures Gutachten in Auftrag gegeben werden. Am Ende beschloss das Gremium einstimmig, die Debatte bei der zweiten Lesung der Vorlage in der Juni-Sitzung fortzusetzen.