Gelsenkirchen. Der Anruf kam im Aufwachraum: Beim Special von „Wer wird Millionär?“ kassierte ein Krankenpfleger aus Gelsenkirchen manch spöttischen Spruch.
Normalerweise ist Detlev Weyl derjenige, der viel, wirklich sehr, sehr sehr viel weiß. Im Überraschungs-Special von Günter Jauchs „Wer wird Millionär“ aber musste der Anästhesiepfleger aus dem Marienhospital Gelsenkirchen sich selbst manch weisen Spruch des Moderators anhören. Es war ein Klugscheißer-Special am Pfingstmontag, für das Kandidaten von Freunden, Kollegen oder Familienangehörigen vorgeschlagen werden konnten. Voraussetzung: Das Klugscheißertum des vorgeschlagenen Kandidaten wurde dem Sender belegt.
Davon machten die Kollegen von Detlev Weyl (54 ) reichlich Gebrauch und dokumentierten es mit zahlreichen Videoschnipseln, die Jauch seiner TV-Fangemeinde genüsslich vorspielte. Über Wochen hatten die Kollegen ihn heimlich gefilmt, dabei auch viele Statements über ihn gesammelt. „Sie müssen ja ein elender Klugscheißer sein“, stichelte Jauch in der Sendung mit gespielter Verzweiflung und setzte nach: „Die Kollegen müssen Sie ja hassen!“
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Auch vor dem eigenen Chefarzt nicht haltgemacht
Schließlich hatte Weyl einst sogar den eigenen Chefarzt düpiert, indem er den Hersteller eines Atemgerätes angeschrieben hatte, um zu erfragen, welche Einstellung in einer bestimmten Situation die richtige sei. Nur um nachzuweisen, dass er selbst im Recht war. „Und ich hatte doch Recht“, setzt Weyl in der Sendung prompt nach. „Diesen Chefarzt gibt es übrigens im Haus gar nicht mehr, das ist wirklich lange her“, erklärt der Fachpfleger im Gespräch nach der RTL-Sendung gegenüber dieser Zeitung noch.
Dass man ihn im Kollegenkreis hasst, das Betriebsklima schlecht sei: Dieser Jauch-These widersprachen die zur Sendung mitgereisten Kolleginnen, die Weyl als Kandidaten vorgeschlagen hatten, allerdings kräftig. Das Betriebsklima sei ausgezeichnet, versicherten sie glaubhaft. Man verstehe sich prächtig, habe viel Spaß miteinander. Die Kollegen hatten ihn sogar zur Sendung nach Köln gefahren. „Ich war so aufgeregt, hatte die Nacht kaum geschlafen. Im Traum hab ich überlegt, wie man Pirouette oder Silhouette schreibt!“, berichtet Weyl im Gespräch mit der Redaktion. „Nachmittags um 16 Uhr, ich war im Dienst im Aufwachraum, hatte ich die Nachricht bekommen, am nächsten Mittag um 12 ging es los Richtung Köln.“ An Vorbereitung war nicht zu denken.
Tatsächlich startete Weyl sehr souverän. Bis zur Frage nach dem Fach, in dem Grundschüler ans Zehnersystem herangeführt werden: Sie irritierte den Gelsenkirchener erstmals. Die Antwort „Mathe“ erschien ihm allzu einfach für eine 2000-Euro-Frage. Warum Eisbären und Pinguine in Deutschland im April in Meisterschaftsduellen gegeneinander antreten – es handelt sich um Eishockeyteams – kostete Weyl keine Mühe. Im Gegensatz zur 8000 Euro-Frage: Das Erblühen welcher Pflanze im Garten ist ein guter Zeitpunkt für die erste Rasenpflege: Forsythie, Sonnenblume, Chrysantheme oder Schneeglöckchen? Weyl nutzte die Schwarmintelligenz des Publikums und folgte der 80-Prozent-Empfehlung des Publikums, dass es sich um die Forsythie handeln müsse.
Bei „Napoleon“-Regisseur geriet Gelsenkirchener Weyl ins Schwimmen
Auch bei den 16.000 Euro holte sich Weyl Hilfe, und zwar ausgerechnet von dem Kollegen, mit dem er sich im Dienst ständig scherzhaft streitet, wer der wahre Wissende ist. Dr. Stephan Rodepeter, den die Kolleginnen zunächst auch als Kandidaten vorschlagen wollten, der aber dankend an abgelehnt und an Weyl verwiesen hatte. Es ging um den 86-jährigen Regisseur des aktuellen Films „Napoleon“. Der 50/50 Prozent-Joker hatte die Auswahl auf George Lucas und Ridley Scott begrenzt, aber auch da war Weyl unsicher, sein Telefonjoker Rodepeter allerdings ebenfalls. Letztlich entschied man sich für Scott und damit den Richtigen.
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Bei Luis Montenegro als im April frisch gewählter Regierungschef von Portugal sicherte Weyl schließlich mit Unterstützung einer pensionierten Lehrerin aus dem Publikum die 32.000 Euro. Angesichts der 64.000-Euro-Frage beschloss der Anästhesiepfleger, sich die 32.000 Euro zu sichern. Gefragt war nach dem Staatenbund mit mehr als zwei Milliarden Einwohnern in den Mitgliedsländern. Zur Wahl standen OPEC, Nato, die Afrikanische Union und der Commonwealth. Richtig wäre letzterer gewesen, dem Indien mit seiner Milliarden-Einwohnerschaft angehört.
Mit dem Geld will der Krankenpfleger sich ein neues Auto zulegen. Und mit rund 30 Kollegen feiern. Getränke und Cafeteria stellt die Klinik, die auch dem spontanen „fienstfrei“ für die Sendung zugestimmt hatte.