Gelsenkirchen. Nur jedes dritte Kind bekommt in Gelsenkirchen einen Platz in der offenen Ganztagsbetreuung. Und der Anteil der Unversorgten könnte noch steigen.

Die gute Nachricht ist: Die absolute Zahl der Betreuungsplätze an Gelsenkirchens Grundschulen im Offenen Ganztag (OGS) steigt zum nächsten Schuljahr ab August, wenn auch nur geringfügig. Die schlechte lautet: Die gesamtstädtische Versorgungsquote bleibt damit deutlich zu niedrig. Grund ist die erneut gestiegene Zahl von Grundschulkindern durch geburtenstärkere Jahrgänge, Zuwanderung und durch bis zu 400 Kinder, die die erste Klasse wiederholen. In diesen Tagen haben Eltern die Benachrichtigung bekommen, ob ihr Kind einen der begehrten Ganztagsplätze bekommt oder nicht.

Und auch diesmal konnten nicht annähernd alle Wünsche erfüllt werden. Unter den Unversorgten sind auch Teilzeitbeschäftigte, die nun vor dem Problem stehen, ihre Arbeitszeit weiter reduzieren zu müssen - falls möglich. Denn angesichts des hohen Stundenausfalls mangels Lehrkräften ist ohne sichere Betreuung kein Verlass auf den eigentlichen Stundenplan. Für viele Familien, vor allem jene mit überschaubarem Einkommen, ist das ein Riesenproblem.

Gelsenkirchen müsste für Rechtsanspruch auf Ganztag Kapazitäten verdoppeln

Aktuell stehen 3812 Betreuungsplätze im Offenen Ganztag an Gelsenkirchens Grundschulen zur Verfügung, 43 mehr als zum Schuljahresbeginn. Das entspricht einer aktuellen Versorgungsquote von 32,51 Prozent für die aktuell 11.726 Schülerinnen und Schüler. Doch die Schülerzahl steigt erneut zum kommenden Schuljahr, und zwar um 534 auf 12.260 Jungen und Mädchen. Für sie konnten nach aktuellem Stand 4344 Plätze zur Verfügung gestellt werden, also 532 mehr Plätze als bisher.

Versorgungsquote liegt in Gelsenkirchen ab August bei 35,4 Prozent

Dennoch gingen 572 Eltern, die sich um einen Platz für ihr Kind beworben hatten, auch diesmal leer aus. Das heißt, etwa jedes neunte Kind, für das Ganztagsbetreuung benötigt oder gewünscht wird, kann nicht versorgt werden. In einigen Fällen können sie auf das Angebot der „verlässlichen Schule“ zurückgreifen, das allerdings früher endet und in vielen Fällen nicht ausreicht. Die Versorgungsquote beziffert die Stadt für das Schuljahr 2024/25 mit 35,4 Prozent. Wenn der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung ab 2026 gilt - zunächst nur für den ersten Jahrgang, danach jährlich einen weiteren Jahrgang - schätzt die Stadt den Bedarf auf bis zu 75 oder gar 80 Prozent.

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Wegen der vielen zusätzlichen Klassen an Schulen ab August kommen auch die Raum- und die Personalkapazitäten an den Schulen an ihre Grenzen. Eigene Räume für die OGS sind nicht mehr selbstverständlich, an vielen Schulen wurden OGS-Räume der Not wegen in Klassenräume umgewandelt. Was dazu führt, dass auch der OGS-Betrieb im Klassenzimmer laufen muss.

Eine Situation, mit der weder die OGS-Träger noch die Stadt zufrieden sind. Pädagogen sind sich einig, dass es für Kinder nicht optimal ist, wenn Betreuung und damit auch Freizeit in den gleichen Räumlichkeiten stattfindet wie der Unterricht. Wenn der Rechtsanspruch auf Betreuung gilt, sollen OGS-Angebote auch stärker in den Stadtteil hinein gehen. Dafür aber müsste die Finanzierung der Betreuungskräfte auch seitens des Landes stehen, was nicht der Fall ist.

Duisburg versorgt ab August 57 Prozent der Grundschüler ganztags

Ein Blick in die Nachbarstädte zeigt, dass viele Kommunen beim OGS-Ausbau bereits weiter vorangeschritten sind als Gelsenkirchen. In Duisburg etwa sind aktuell zwar ebenfalls nur 40 Prozent der Grundschüler mit einem Ganztagsplatz versorgt, ab dem Sommer werden es jedoch 57 Prozent sein. Trotz auch dort steigender Schülerzahlen. Wobei Duisburg noch einen besonderen Weg ansteuert: Das Angebot der „Verlässlichen Halbtagsschule“ bis 13 oder 13.30 Uhr, das an einigen Schulen exklusiv angeboten wird, soll in Ganztagsplätze umgewandelt werden. Ganz weit vorn beim OGS-Ausbau ist Bottrop. 80 Prozent der Grundschulkinder nehmen hier bereits ein Ganztagsangebot in Anspruch. In Herne besuchen aktuell 51 Prozent der Grundschülerinnen die OGS. Davon ist Gelsenkirchen noch sehr weit entfernt.