Gelsenkirchen. Wer Klinikbetten abbaut, muss die ambulante Versorgung sichern, fordert Gelsenkirchens Verwaltung. Wie es gehen kann, zeigt ein Klinikprojekt.
Gelsenkirchens Gesundheitsdezernentin Andrea Henze blickt besorgt auf das, was die verschiedenen Klinikreformen von Land und Bund der Stadt bescheren könnten. „Wenn die stationären Einrichtungen reduziert werden sollen, wenn es weniger und kürzere Klinikaufenthalte geben soll, dann müssen wir im Gegenzug die ambulante Versorgung sichern“, fordert sie.
Es müsse mehr Angebote und Wohnformen für Menschen mit Behinderungen oder psychischen Erkrankungen geben. Auch die Pflege müsse im Blick sein für Menschen, die nach einem Eingriff in der Klinik vorübergehend versorgt werden müssen. Angesichts der extremen Überalterung der Fachärzte, vor allem aber der Hausärzte in der Stadt müsse jetzt bereits ein Netzwerk aufgebaut werden, das das auffängt. [Lesen Sie dazu auch: Doppel-Reform: Wie gefährdet sind Gelsenkirchens Kliniken?]
Gesundheitskonferenz warnt vor Einschnitten bei der Geburtshilfe in Gelsenkirchen
Das hatten Gesundheitsreferat und Gesundheitskonferenz bereits in der städtischen Stellungnahme zur ersten Beurteilung der Bezirksregierung angemahnt. Zudem hatten die Akteure aus dem Gesundheitssektor in der Stadt auf den Erhalt ausreichender geburtshilflicher Angebote und die Einrichtung einer stationären Kinder- und Jugendpsychiatrie gedrungen. Probleme für die Facharztausbildung und Nachwuchsgewinnung sähe die Dezernentin auch, wenn eine Klinik etwa keine orthopädischen Leistungen mehr anbieten dürfte. [Lesen Sie dazu: Gelsenkirchener Frauen bekommen die meisten Kinder]
Stadt vermisst Unterstützung bei Sicherung der ambulanten Versorgung und Pflege
Was Henze besonders bedauert: „Wir haben als Stadt kaum Steuerungsmöglichkeiten, um ein gutes ambulantes Hintergrundsystem aufbauen zu können. Und wir können als Stadt auch kein Medizinisches Versorgungszentrum gründen“, appelliert sie an die Krankenhausplaner, Bedürfnisse der Menschen in den Kommunen im Blick zu behalten.
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Einen Modellversuch in dieser Richtung hat die Marienhospital Gelsenkirchen GmbH mit der Stadt Essen und dem Ärztenetz Essen Nord-West in Gestalt eines Gesundheitszentrums bereits umgesetzt. Das Gesundheitszentrum St. Vincenz fungiert als Brücke zwischen ambulanter und stationärer Versorgung. Menschen können kurzzeitig stationär aufgenommen und bei kleineren Problemen behandelt werden – ausdrücklich keine Notfälle, die eine intensivmedizinische Betreuung benötigen. Seit April 2024 läuft der Betrieb. Die Patienten verbleiben zwei bis drei Tage, wenn weitere Versorgung nötig ist. Für den möglichst niederschwelligen Zugang zum Zentrum sorgen sogenannte „Flying Nurses“.
Kooperation von Klinik, Stadt, Ärzten und Dienstleistern
Das ärztliche Personal stellt das Marienhospital, die Leitung hat aktuell deren Chefarzt der Pneumologie, Christoph Tannhof, im Juli nimmt die neue ärztliche Leiterin ihren Dienst auf. Rund um die Uhr sind mindestens ein Arzt plus Pflegekräfte vor Ort. Weitere Mediziner stellt ebenfalls das Marienhospital. Langfristig sollen in einem Neubau auch kleinere Operationen möglich sein. Geplant ist auch, Fachärzte und andere Gesundheitsdienstleister anzugliedern.