Gelsenkirchen. Ückendorfer Stadtgeschichte: Eine Zeitreise von altgermanischen Siedlern bis zum Stadtteil der Großstadt Gelsenkirchen.
In einer Geschichtsreise begab sich der Heimatbund Gelsenkirchen auf Spurensuche erster Siedler in Ückendorf. Wachstum vom Dorf über Bergbausiedlungen, Zerstörung, Wiederaufbau und industrielle Entwicklung prägten den Blick in die Vergangenheit. Im Gemeindehaus Flöz Sonnenschein der ev. Kirche ließ Volker Bruckmann, Vorsitzender des Heimatbundes, Ortsgeschichte im Vortrag „Vom Dorf zur Stadt“ lebendig werden.
Die Spurensuche geht ins 8. Jahrhundert zurück. Landsuchende altgermanischer Stämme wurden im Bruchland an der Emscher sesshaft. Die ersten Ückendorfer Siedler, vermutet Bruckmann, hätten sich nach ihrem Anführer „Hugo“ oder Hukko als Huginge oder Huckinge bezeichnet. So erkläre sich auch der ursprüngliche Name Hugingsdorf.
Die Mehrzahl der Höfe waren im Besitz der Großgrundherrschaft im Stift Essen. Als Ackernahrung oder Hufe erhielten die Bauern einen Teil des Bodens als Eigentums- und Nutzungsrecht. Erstmals als Haupthof des Stiftes wird Ückendorf um 1254 urkundlich erwähnt. Die Mehrzahl der Höfe, weiß Bruckmann, gehörte zum Stift Essen. In der Geschichte erwähnt sind im Jahr 1486 etwa 14 Höfe mit 60 Einwohnern,
Anschluss an Köln-Mindener Eisenbahn war eine Erlösung
Die Siedler merken schnell, dass der sumpfige Boden nicht für Ackerbau geeignet ist. Die Schüffeler Heide wird 1776 unter den Berechtigten verteilt. Bauern und Kötter verfügten über bestimmte Rechte, ihr Vieh dort weiden zu lassen. Den Luxus von Straßenbefestigungen oder auch einer funktionierenden Kanalisation kannten die Siedler nicht. Beides war nicht existent. In Aufzeichnungen ist festgehalten, dass die Bauernschaft Ückendorf im Jahr 1825 über 13 Höfe und 23 Kotten verfügte. Der Backs Hof wie auch Hof Brüggemann gehen auf diese Zeit zurück.
Auf den Transportwegen über unbefestigte Straßen ging es holprig zu, je nach Wetterlage waren es mitunter abenteuerliche Fahrten. Da wirkte der Anschluss Gelsenkirchens an die Köln-Mindener Eisenbahn 1847 wie eine Erlösung.
Mit der Kohleförderung nahm auch die Bedeutung Ückendorfs rasant zu. 1855 wurde die Bergwerksgesellschaft Holland mit holländischem Kapital gegründet. Ein Jahr später konnte die erste Tonne Kohle gefördert werden. Weitere Zechengründungen folgten: 1861 Rheinelbe, 1872 Alma.
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Der Ruhrbergbau ließ die Bevölkerungszahl explodieren. Lebten 1858 nur 422 Einwohner in Ückendorf, war der Stadtteil 1871 schon auf 2155 und weitere vier Jahre später auf 5275 Bewohner angewachsen. 1890 wies das Melderegister bereits 13.129 Einwohner in Ückendorf aus.
Durch den Ausbau des Bergbaus nahm der Bedarf an Arbeitsplätzen zu. 1866 entstanden die ersten sechs Häuser an der heutigen Virchowstraße. Zur gleichen Zeit wurde die Rheinische Bahn über Ückendorf, Wattenscheid, Bochum Nord, Langendreer und Dortmund Süd freigegeben. Als Relikt aus der damaligen Streckenführung stehen geblieben ist der Bahnhof Gelsenkirchen-Wattenscheid.
20 Doppelhäuser mit 80 Arbeiterwohnungen entstanden zwischen 1869 und 1873 als Kolonie an der Almastraße. Die entstandenen Zechenhäuser an der Straße Flöz Dickebank sehen heute viele Ückendorfer noch als Symbol für den Kampf um Solidarität und Erhalt.
Ückedorf löst sich Wattenscheid ab
Mit der zeitgemäßen Infrastruktur nimmt auch die Bedeutung des Stadtteils zu. Als 1876 die erste Gas-Straßenbeleuchtung auf der Bochumer Straße den Abend zum Tag werden lässt, wird Ückendorf noch im selben Jahr selbstständiges Amt im Landkreis Gelsenkirchen und löst sich damit von Wattenscheid.
1886 schenken Ückendorfer mit dem Bau der Glückauf-Brauerei auch heimisches Pils und Export aus. Eisenbahnstrecke. Schulen und Kirchen werden gebaut, Jahrzehnte später ist die Gemeinde St. Josef offensichtlich die größte in Deutschland.
Gelsenkirchen: Bilder aus der Glanzzeit der Bochumer Straße
1903 wird Ückendorf Teil der neuen Großstadt Gelsenkirchen. Fast 22.000 Einwohner zählte Ückendorf beim Verlust der Eigenständigkeit. Das Wachstum setzte sich in der Blütezeit fort. 1950 waren mit 32.000 Menschen die meisten je gezählten Einwohner gemeldet. Der letzte Amtmann Carl von Wedelstaedt war von 1919 bis 1928 erster Oberbürgermeister Gelsenkirchens.