Gelsenkirchen. Der Abfallgigant Remondis und die Stadt Gelsenkirchen streiten sich um viel Geld. Was tote Tiere und extremer Starkregen damit zu tun haben:

Die Feuerwehr im Dauerstress, Bewohner in Verzweiflung: Ein Unwetter wütet in Gelsenkirchen, Starkregen lässt Straßen und Gärten zu schlammigen Seen werden, schwere Sturmböen lassen Bäume auf Autos umkippen. Ein Regenrückhaltebecken läuft über, das Wasser steht in einigen Straßen bis zu 1,50 Meter hoch. Menschen sind zum Glück nicht verletzt. Doch zum Teil spielen sich dramatische Szenen ab. Mitunter kommen die Retter nur noch mit Schlauchbooten durch die Straßen. Das heftige Unwetter vom August 2023 wird vielen Betroffenen, vor allem in Bismarck, sicher lange in Erinnerung bleiben. Ein Nachspiel und ein Streit um Geld hat es auch für die Stadt Gelsenkirchen.

Denn in den Tagen und Wochen nach dem Starkregen hätten viele Gelsenkirchener alles Mögliche in die Mülltonnen geworfen, behauptet der Entsorgungsriese Remondis. Der leert in Gelsenkirchen nicht nur die gelben Tonnen, wobei es immer wieder wegen ausgebliebener Leerungen heftige Kritik von Bürgern gibt, so wie vor wenigen Tagen in Teilen des Gelsenkirchener Südens und wie jetzt bekannt wurde, auch im Norden der Stadt. Remondis – mit einem Jahresumsatz von mehr als zwölf Milliarden Euro (2022) – kauft der Stadt Gelsenkirchen aber auch das Altpapier ab, das Gelsendienste einsammelt. Das Unternehmen wiederum verdient seinerseits gutes Geld damit, vor allem seitdem die Preise für Papier vor einigen Jahren extrem gestiegen sind.

Tote Katzen, Windeln und allerlei Gegenstände im Altpapier in Gelsenkirchen

Für gewöhnlich werden drei Prozent „Störstoffe“ im Altpapier toleriert, die dann ausgesiebt würden, ehe das Altpapier zur Wiederverwendung aufbereitet wird. In den Wochen nach dem Starkregen in Gelsenkirchen sei aber bis zu zehnmal so viel Müll in der blauen Tonne gelandet, der nicht hineingehört. Darunter etwa tote Nager, Windeln und allerlei Gegenstände, die aus den überfluteten Kellern der betroffenen Bürger nicht mehr brauchbar gewesen sind, behauptet ein Remondis-Sprecher im Gespräch mit dieser Redaktion.

In der Folge habe das Abfallunternehmen die Lieferungen aus Gelsenkirchen nicht weiter verkaufen können und sei auf den Kosten der Entsorgung sitzen geblieben. Dieses Geld will Remondis nun von der Stadt zurück haben. Zur Höhe macht Remondis keine Angaben. Dem Vernehmen nach handelt es sich aber um eine mittlere fünfstellige Summe.

Auch interessant

Im Hans-Sachs-Haus indes schüttelt man angesichts dieser Forderung nur mit dem Kopf. Nach Lesart der Stadt will Remondis viel Geld haben, weil das Altpapier nach dem Starkregen, bei dem Straßen teilweise überflutet wurden, nass geworden ist.

Dem widerspricht der Remondis-Sprecher indes deutlich: „Nasses Altpapier ist nicht das Problem, sondern dass die Chargen aus Gelsenkirchen über zwei Monate vollständig unbrauchbar waren. Und das eben deshalb, weil alles Mögliche in der blauen Tonne gelandet ist.“

Gelsendienste-Sprecher Tobias Heyne erklärt auf Nachfrage dazu: „Zu der Angelegenheit, bei der es um angebliche Verunreinigungen von Papierabfällen geht, haben wir dem in diesem Fall betroffenen Unternehmen zuletzt nochmals im März 2024 mitgeteilt, dass wir die erhobenen Ansprüche zurückweisen. Eine Reaktion hierauf haben wir bislang nicht erhalten“.

Streit zwischen Remondis und Stadt Gelsenkirchen um Millionen Euro

Dabei ist der aktuelle Streit zwischen Remondis und der Stadt Gelsenkirchen nicht der einzige, den beide Parteien rund ums Thema Altpapier führen. Nach Auffassung der Stadt steht im Vertrag zwischen Stadt und Remondis, dass das Abfallunternehmen eine jährlich steigende Abschlagszahlung an die Stadt zahlen muss. So sei es damals verhandelt und vor allem auch vertraglich festgehalten worden, als Remondis die Firma schluckte, die bis dahin die Hoheit über das Altpapier hatte.

Während ab 2018 die Preise für die Altpapier-Verwertung zunächst im freien Fall waren und Entsorger auf den internationalen Märkten statt im Schnitt 163 Euro je Tonne Altpapier, zwischenzeitlich nur noch bis zu 120 Euro erzielten, explodierte der Papierpreis ab 2021.

Nach WAZ-Informationen geht es um mehr als zwei Millionen Euro, die Remondis der Stadt Gelsenkirchen schulden soll. Ein Vergleichsvorschlag des Gerichts, der nun vorliegt, sehe vor, dass die Stadt 90 Prozent der von ihr geforderten Summe bekommen soll. „Zu dem Vergleich müssen sich nun das betroffene Unternehmen aus der Remondis-Gruppe und wir uns äußern. Gelsendienste wird den politischen Gremien die Zustimmung zu dem Vergleich empfehlen. Wir warten derzeit noch auf das Verhandlungsprotokoll des Gerichts“, so Tobias Heyne.