Gelsenkirchen. Betrogen fühlt sich die Stadt Gelsenkirchen im lukrativen Geschäft mit Papiermüll. Was Vertragspartner Remondis vorgeworfen wird.

Auf dem Papiermarkt steigen die Preise weiterhin rasant. Vor allem Rohstoffe wie Altpapier oder Zellstoff, die zur Papierherstellung notwendig sind, verteuerten sich „überdurchschnittlich“, wie das Statistische Bundesamt Ende 2021 mitteilte. Demnach haben sich die Großhandelspreise für gemischtes Altpapier im September 2021 mit einem Plus von gut 222 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat mehr als verdreifacht.

Für Verlage und Druckereien ist diese Entwicklung schon seit einiger Zeit existenzbedrohend, einem größeren Teil der Gesellschaft ist die Papierknappheit wohl spätestens seit einer aufsehenerregenden Einlassung des Verbandes der gesetzlichen Krankenkassen bekannt. Die Kassen mahnten – als eine Corona-Impfpflicht noch diskutiert wurde –, dass diese nicht umsetzbar sei, weil nicht genug Papier für die Briefe an die Bürgerinnen und Bürger da sei.

Stadt Gelsenkirchen fühlt sich von Remondis betrogen

Papier ist also wertvoll, auch und gerade jenes, das entsorgt wird. Abfall ist eben nicht gleich Abfall. Für die Entsorgung des Restmülls etwa werden Abfallentsorgungsgebühren erhoben, um den Papiermüll der Gelsenkirchenerinnen und Gelsenkirchener verwerten zu dürfen, zahlt hingegen das Entsorgungsunternehmen Remondis einen Abschlag an die Stadt. Doch was dessen Höhe angeht, darin sind sich die Vertragspartner uneinig.

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Nach WAZ-Informationen geht es um mehr als zwei Millionen Euro, die Remondis der Stadt Gelsenkirchen schulden soll, und der Betrag wird mit der Zeit ebenso sicher wachsen, wie es die wilden Müllkippen in nicht wenigen Quartieren dieser Stadt immer wieder tun. Nach Lesart des Hans-Sachs-Hauses steht im Vertrag zwischen der Stadt und Remondis nämlich, dass das Abfallunternehmen eine jährlich steigende Abschlagszahlung an die Stadt zahlen muss, um im Gegenzug die blauen Tonnen in der Stadt leeren zu dürfen. So sei es damals verhandelt und vor allem auch vertraglich festgehalten worden, als Remondis die Firma schluckte, die bis dahin die Hoheit über das Altpapier hatte.

Die Juristen der Stadtverwaltung sind sicher, dass sich Remondis nicht an den Vertrag hält. Da die Summe inzwischen deutlich siebenstellig sei, wurde nun eine Klage vorbereitet, über die die Mitglieder des Hauptausschusses am Donnerstag (5. Mai) im nichtöffentlichen Teil der Sitzung beraten sollen.

Enorm gestiegene Nachfrage nach Altpapier durch Online-Handel

Dabei waren die Aussichten für das Geschäft mit dem Altpapier vor der Pandemie noch ganz andere. Damals wurde den Städten in Deutschland noch vorausgesagt, dass die Zeiten vorbei seien, in denen sich für die kommunalen Müllentsorger mit Altpapier die Kosten für die Müllgebühren deutlich senken ließen. Denn viele Landkreise und Städte machen es wie Gelsenkirchen und subventionieren mit den Altpapier-Einnahmen einen Teil der restlichen Müllentsorgung quer.

Weil durch den in der Pandemie enorm gewachsenen Online-Handel immer mehr Kartons verschickt werden und der Handel mehr Plastikverpackungen durch Papier ersetzt, war der Papierbedarf in Deutschland zuletzt aber drastisch gestiegen.