Gelsenkirchen. Diese Maschinen fallen sofort auf: Warum der selbstlose Zwei-Meter-Mann Christoph Thiele bei der DRK-Motorradstaffel mitmacht.
Wenn Christoph Thiele auf Gelsenkirchens Straßen unterwegs ist, fällt er allen entgegenkommenden Verkehrsteilnehmern sofort ins Auge. Sein orange-roter Overall ist genauso wenig zu übersehen wie sein neongelber Helm. Am auffälligsten ist aber der fahrbare Untersatz, auf dem der Zwei-Meter-Mann sitzt. Diese in Signalfarben lackierte BMW R 1200 RT ist Teil der Motorradstaffel, die der Kreisverband Gelsenkirchen des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) betreibt. Die drei Maschinen werden auch an diesem Wochenende wieder im gesamten Stadtgebiet unterwegs sein. Um Erste Hilfe zu leisten. Und das möglichst auf schnellstem Wege.
Im beruflichen Alltag arbeitet Christoph Thiele als Polizeibeamter
Der 54-jährige Thiele lebt in Rotthausen und arbeitet im beruflichen Alltag als Polizeibeamter in Bochum. Seit 2010 engagiert sich der ausgebildete Rettungssanitäter in seiner Freizeit für das DRK. Weil er sich ehrenamtlich auch unbedingt in der Motorradstaffel betätigen wollte, machte er vor vier Jahren extra den entsprechenden Führerschein. Seitdem gehört er zu dem rund 20-köpfigen Pool, aus dem die Diensthabenden ausgewählt werden.
„Wir sind an jedem Samstag, Sonntag, Feiertag sowie bei Großveranstaltungen hier in der Stadt unterwegs“, erklärt Thiele. Das können etwa Schalke-Heimspiele, Konzerte in der Arena, aber auch Straßenlauf-Wettbewerbe oder Radrennen sein. „Unsere Saison beginnt mit Ostern und endet im Oktober“, sagt der Ehrenamtler. Es gebe zwar auch Kolleginnen und Kollegen, die in den Wintermonaten mal auf eines der drei Motorräder steigen, um Dienst zu schieben. Das sei dann aber eine freiwillige Entscheidung, erklärt Thiele, der neben Klaus Berger aus Marl und Dominik Wittkamp aus Essen zum Leitungsteam der hiesigen DRK-Motorradstaffel zählt.
Jeder Dienst beginnt vormittags um 10 Uhr und endet abends um 18 Uhr. Eine feste Route bekommen die Fahrerinnen und Fahrer nicht vorgeschrieben. „Wir sind aber in allen Stadtteilen unterwegs“, betont Thiele, also von Ückendorf im tiefen Süden bis Scholven im hohen Norden. Aber auch die Autobahnen 2, 42 und 52, die allesamt über Gelsenkirchener Stadtgebiet führen, würden regelmäßig von den Motorrädern bestreift. „Wir sind aber auch oft auf der Erzbahntrasse anzutreffen“, sagt der Hüne. Denn dort seien gerade an Wochenenden viele Radfahrer, Inline-Skater und Spaziergänger unterwegs. Und es komme regelmäßig vor, dass jemand von ihnen nach einem Sturz oder aufgrund gesundheitlicher Probleme Erste Hilfe benötigt.
DRK-Motorradfahrer erhalten viel positives Feedback aus der Bevölkerung
„Wir sind über Funk auch mit der Feuerwehr verbunden. Kommt es zu einem Großeinsatz, werden wir manchmal auch hinzugezogen“, erzählt Thiele. Das sei etwa nach einem schweren Unfall auf der Overwegstraße der Fall gewesen, als dort ein Bus mit einem Fußgänger kollidiert war. Während der Notarzt den schwer verletzten Mann versorgte, kümmerte sich die Motorradstaffel-Kraft um den Busfahrer und zwei schwangere Frauen, die als Fahrgast im Bus gesessen hatten und nach dem großen Schreck betreut werden mussten.
Die meisten Dienste der Motorradstaffel verlaufen aber zum Glück weniger spektakulär. Bei Fahrten durch den Nordsternpark, den Revierpark Nienhausen oder rund um Schloss Berge müsse hier mal ein Pflaster aufgeklebt und dort mal ein Verband angelegt werden. „Mir gefällt an diesem Job, dass wir unterwegs fast ausschließlich positive Reaktionen der Menschen erhalten“, sagt Thiele. Viele würden nur strahlen und mit erhobenem Daumen grüßen. „Ich bin aber auch schon öfter mal auf eine Cola eingeladen worden - einfach so, als Dankeschön dafür, dass wir uns engagieren.“
Von großer Bedeutung sind auch jene Fahrten, wenn die DRK-Motorradstaffel Bluttransporte übernimmt. Mit ihren 130 PS können die Maschinen entsprechend zügig vorankommen, wenn die Zeit drängt. Für solche Notfälle sind die Motorräder auch mit Blaulicht ausgestattet. Die beliebtesten Dienste im Kollegenkreis, weiß Thiele, seien aber die, wenn Schalke 04 ein Heimspiel hat. Oder Weltstars der Rock- und Popszene ihre Visitenkarte in Gelsenkirchen abgeben. Denn das Areal rund um die Veltins-Arena zählt ebenfalls zu den Stamm-Einsatzorten der Staffel.
Rund 20 Kräfte im Alter zwischen 19 und 67 Jahren gehören zum Motorrad-Team des hiesigen DRK. Vom Ersthelfer bis zum Arzt sind alle Fachkräfte darunter zu finden. „Wir suchen dennoch weitere Menschen, die sich bei uns engagieren wollen“, sagt Thiele. Grundvoraussetzung dafür sei ein Motorradführerschein sowie eine medizinische Vorbildung. Zu Beginn würden Kandidaten mehrfach auf Proberunden mitfahren. Wer Interesse hat, der kann sich per E-Mail melden an: motorradstaffel@drk-ge.de.
Eine finanzielle Entschädigung für die Dienste gibt es übrigens nicht. „Ich mache das, weil ich gerne helfe“, sagt Thiele, „und weil es mir zum Glück gut geht und ich gerne etwas zurückgeben möchte“.