Gelsenkirchen. Die Ergebnisse der Jugendbefragung zeigen: In Gelsenkirchen gibt es einen Ort, an dem sich Jugendliche besonders unsicher fühlen. Das hat Gründe.
Ganz genau 1514 Gelsenkirchenerinnen und Gelsenkirchener im Alter von 14 bis 21 Jahren haben teilgenommen, bei der stadtweit ersten Jugendbefragung, die von Oktober 2022 bis Februar 2023 seitens der Stadt aufgelegt worden war. Dabei haben die jungen Menschen Auskunft gegeben über ihre Gewohnheiten, ihre Wünsche und Sorgen – und ihr Sicherheitsgefühl. Nun ist der komplette Ergebnisbericht online einsehbar, einige Punkte überraschen nicht. Als zentrales Thema lässt sich beispielsweise die Situation rund um den Gelsenkirchener Hauptbahnhof ausmachen: Anhand eigener Berichte hatten die Jugendlichen klar ausgedrückt, dass sie sich an diesem Ort unwohl und unsicher fühlen und diesen Ort lieber meiden.
An diesem Ort in Gelsenkirchen fühlen sich Jugendliche besonders unsicher
Generell halten sich die jungen Gelsenkirchener nicht gerne am Bahnhof auf – von der Polizei wünschten sich die Jugendlichen, dass sie für Sicherheit sorgten. „Stattdessen erweckten ihre regelmäßigen Taschenkontrollen am Bahnhof das Gefühl von Kontrolle und Diskriminierung“, heißt es in dem Ergebnis-Bericht der Befragung.
Insgesamt würden sich die Jugendlichen einen schöneren und bunteren Bahnhof erhoffen, an dem sie sich in ihrer Stadt wohlfühlen könnten. Dazu schlugen die Teilnehmenden unter anderem öffentliche und kostenfreie Sanitäranlagen vor. Unsicherheit auf den Straßen in der Stadt wird von den Jugendlichen vor allem dann empfunden, wenn sie nachts oder am Hauptbahnhof unterwegs sind. Grund für die Unsicherheit: Weitere Gruppen von Jugendlichen seien den Befragten durch ihr „belästigendes, teilweise aggressives Verhalten“ aufgefallen.
Fehlende Aufenthaltsorte und Unzufriedenheit führen zu Übergriffigkeit
Diese Erfahrungen, viele der jugendlichen Teilnehmer kennen sie, ein Erklärungsansatz in ihren Augen: Sie führen das übergriffige Verhalten einiger auf fehlende Aufenthaltsorte für Jugendliche zurück, werten es aber auch als Zeichen einer gewissen Unzufriedenheit. Neben mehr Polizeipräsenz auf den Straßen wünschen sich die Jugendlichen eine „Stärkung der Selbstwirksamkeit, beispielsweise durch Selbstverteidigungskurse, angeboten von der Stadt“, heißt es in dem Bericht.
Mit den Worten „Es wird immer schlimmer“ hatte sich vor wenigen Monaten auch eine Handvoll Jugendlicher im Gespräch mit der Reaktion ganz offen geäußert. Sie alle waren Opfer von Übergriffen geworden, nicht nur verbaler Art, sondern auch körperlicher. Einer der Jugendlichen, der wie alle anderen anonym bleiben wollte, war an einem frühen Abend im November mit einem Freund unterwegs, als er von zwei jungen Männern angesprochen – und kurze Zeit später ausgeraubt wurde. Damals betonte der junge Gelsenkirchener: „Man muss das wirklich erlebt haben, um zu begreifen, wie schlimm das ist.“
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Übergriffe unter Jugendlichen und auf Jugendliche sind indes nichts Neues in der Stadt: Bereits im Herbst 2022 hatte eine Serie von Diebstählen, Raubzügen und Gewaltausbrüchen von Teenagern in Gelsenkirchen begonnen – häufig ereigneten sich die Taten im Umfeld des Heinrich-König-Platzes in der Innenstadt. Im September 2022 wurde eine Ermittlungskommission eingerichtet, die sogenannte „EK König“. Mittlerweile hat sich diese aufgelöst, mögliche Ermittlungen übernehmen nun wieder die Beamtinnen und Beamten aus dem Tagesgeschäft.