Gelsenkirchen. Vier Fraktionen wollen die Zustände in der Gelsenkirchener Lokalpolitik „normalisieren“. Ali-Riza Akyol (WIN) hält den Plan für zweifelhaft.
Um die häufig übermäßig langen Ratssitzungen in Gelsenkirchen „zu normalisieren“, haben SPD, CDU, Grüne und FDP jüngst einen Fünf-Punkte-Plan vorgelegt, der unter anderem eine Verkürzung der Redezeiten im Stadtparlament vorsieht. Einer der Hauptadressaten der geplanten Regelungen: die WIN-Fraktion, die im Rat vor allem in Person von Fraktionsgeschäftsführer Ali-Riza Akyol in Erscheinung tritt, nach Auffassung der antragstellenden vier Fraktionen mit regelmäßigen Störungen im Rat auffällt – und nun empört auf den Fünf-Punkte-Plan reagiert.
Akyol ist es auch, der im Zuge der jüngsten, skandalösen Ratssitzungen im Mittelpunkt stand und sich fast eine körperliche Auseinandersetzung mit CDU-Chef Sascha Kurth leistete. SPD, CDU, Grüne und FDP bezeichnet Akyol nun in einer Pressemitteilung scharf als „das Kartell der Undemokraten“. „Wir bezweifeln, ob das Agieren dieser ,selbsternannten Demokraten‘ tatsächlich mit den Zielen des Grundgesetzes und der Gemeindeordnung vereinbar sind“, urteilt er über den Fünf-Punkte-Plan. Für derartige Bezeichnungen erntet Akyol im Rat regelmäßig Kritik, auch seitens der Oberbürgermeisterin.
„Lange Sitzungen aus dem letzten Jahr resultierten in erster Linie daraus, dass Themen im Ausschuss nicht ausreichend behandelt wurden. Entweder wurden Sie abgesetzt oder Fragen blieben unbeantwortet“, so Akyol. Zudem müsste sich die Zeit für Ratssitzungen alleine deshalb um rechnerisch 20 Prozent erhöhen, da der Beratungszyklus in Gelsenkirchen „gegen unsere Stimmen und mit Stimmen der Altparteien“, wie es Akyol formuliert, von sechs auf fünf gekürzt worden seien. Dieser Beschluss galt allerdings nur für 2023.
Gelsenkirchener WIN-Politiker Akyol kündigt Klage gegen Verkürzung der Redezeiten an
„Die Verkürzung der Redezeit bei Tagesordnungspunktdebatten auf eine Minute ist eine Ankündigung, dass man auch zukünftig Anträge absetzen möchte. Eine Verkürzung auf eine Minute ist unseres Erachtens rechtswidrig. Mit Verweis auf die Rechtsprechung werden wir dagegen klagen“, kündigte Akyol zudem an, der auch die schnellere Abhandlung mehrerer Tagesordnungspunkte durch eine sogenannte „Konsensliste“ für zweifelhaft hält.
Sozialdemokraten, Union, Grüne und Liberale verbinden ihren Fünf-Punkte-Plan auch mit dem Ziel, das Ehrenamt als Kommunalpolitiker stärken zu wollen. Akyol dagegen will „dem Mythos Ehrenamt ein wenig entgegentreten“ und verweist unter anderem auf die Aufwandsentschädigung von grob 2000 Euro, die ein Fraktionsvorsitzender erhält (reguläre Stadtverordnete erhalten eine Entschädigung von 420 Euro, plus Sitzungsgeldern). Dafür in Kauf nehmen müssen sie aktuell Ratssitzungen, die häufig über sieben Stunden dauern – was NRW-weit alles andere als üblich ist.
Auch interessant
Kritisch zu dem Fünf-Punkte-Plan geäußert hat sich auch der Ratsvertreter von AUF, Jan Specht. „Als Einzelmandatsträger störe ich mich schon lange an den überlangen Ratssitzungen. Einige nun vorgeschlagene Regelungen gehen aber in die völlig falsche Richtung“, meint er und stört sich daran, dass er künftig nur noch drei Minuten Redezeit bekommen soll. „Selbst in fünf Minuten ist es schon kaum möglich, sich differenziert zum Thema zu äußern und dann noch in der Diskussion zu antworten.“ Eine Mindestredezeit müsse deswegen erhalten bleiben.