Gelsenkirchen. Nachdem es im Gelsenkirchener Stadtrat beinahe zu einer Schlägerei unter Lokalpolitikern gekommen ist, holt die SPD jetzt zur Verbalattacke aus.

Die denkwürdige Sitzung des Stadtrates Gelsenkirchen vom 17. Februar 2024, bei der es nach einigen heftigen Wortentgleisungen beinahe zu einer körperlichen Auseinandersetzung zwischen dem WIN-Fraktionsgeschäftsführer Ali-Riza Akyol und dem CDU-Fraktionsvorsitzenden Sascha Kurth gekommen war, hat ein weiteres Nachspiel. Fünf Tage nach dem Eklat im Stadtrat, der am Ende auch den Ausschluss von Ali-Riza Akyol von der Sitzung zur Folge hatte, fordert die Gelsenkirchener SPD eine Entschuldigung von Akyol und erhebt schwere Vorwürfe gegen den Ratsherren.

„Die Geschehnisse rund um die Ratssitzung sind nicht hinnehmbar. Herr Akyol hat zum wiederholten Male eine Ratssitzung gestört und ist in seinem Verhalten diesmal sogar noch weitergegangen. Aggressives Auftreten bis hin zur Androhung von Gewalt ist zutiefst undemokratisch. Der selbsternannte Vertreter der Migrantinnen und Migranten in Gelsenkirchen erweist den Menschen einen Bärendienst, indem er gemeinsame Sache mit den Antidemokraten der AfD macht. Damit verbündet er sich mit einer Partei, die zutiefst rassistisch, antisemitisch sowie menschenverachtend ist und nicht auf dem Boden des Grundgesetzes steht“, verlautet die SPD in einer Pressemitteilung am Dienstag (20. Februar).

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Erst auf Nachfrage dieser Redaktion erklärte SPD-Chef Markus Töns, warum seine Partei Akyol „gemeinsame Sache mit der AfD“ unterstellt. Demnach geht es den Sozialdemokraten vor allem darum, dass Akyol die von SPD, CDU, Grünen und FDP gemeinsam eingebrachte Forderung abgelehnt hat, sich der so genannten „Trierer Erklärung des Deutschen Städtetags“ anzuschließen, um ein „Zeichen für Menschenwürde, Demokratie und den Rechtsstaat zu setzen“ – und gegen die AfD. Akyol verweigerte seine Zustimmung in der Ratssitzung und machte stattdessen darauf aufmerksam, wie „unerträglich“ islamfeindlich die Stimmung in Deutschland seit Jahren sei und dass die Medien genauso wie die anderen Parteien den Weg für das bereitet hätten, wofür sie die AfD heute kritisierten. Wegen einer Ehrung für die Soziologin Necla Kelek durch die FDP-nahe Friedrich-Naumann-Stiftung, setzte der WIN-Politiker die FDP sogar mit der AfD gleich („Ich mache da keinen großen Unterschied.“).

SPD fordert öffentliche Entschuldigung von Akyol

Die Sozialdemokraten fordern Akyol überdies auf, sich öffentlich bei Oberbürgermeisterin Karin Welge zu entschuldigen und sich zu entscheiden, „ob er und seine Partei sich an die demokratischen Grundwerte halten wollen oder lieber gemeinsame Sache machen mit Rechtsradikalen und Antidemokraten.“

Zum Hintergrund: Die aufgeheizte Stimmung bei der vergangenen Ratssitzung veranlasste OB Welge, die Sitzung zu unterbrechen und unter Anwesenheit aller Ratsmitglieder zu Akyol zu gehen, um ihm deutlich zu machen: „Ganz ehrlich, das geht nicht.“ Akyol wiederum konterte mit den Worten: „Sie beraten in dieser Form mit mir? Haben Sie eigentlich noch alle Tassen im Schrank!“ Es folgte große Empörung im Saal – und fast eine körperliche Auseinandersetzung. Akyol rief CDU-Chef Kurth nur noch zu „Komm her! Komm doch!“ und musste von mehreren Ratsmitgliedern zurückgehalten werden. Kurth betonte später, er habe nicht signalisiert, sich mit Akyol streiten zu wollen, von ihm sei keine Aggression ausgegangen.

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Die Empörung darüber ist bei der hiesigen SPD offensichtlich noch groß: „Wir sind der Oberbürgermeisterin Karin Welge und den demokratischen Parteien im Rat dankbar, dass sie besonnen und klar mit der Eskalation umgegangen sind“, teilt nun die SPD mit. „Gerade die vielen ehrenamtlichen Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker haben Respekt für ihre Arbeit verdient. Wer dies nicht akzeptiert, darf nicht Teil des Rates in Gelsenkirchen sein.“

Das sagt Ali-Riza Akyol zu den Anschuldigungen der SPD Gelsenkirchen

Der Gelsenkirchener Politiker Ali-Riza Akyol (WIN).
Der Gelsenkirchener Politiker Ali-Riza Akyol (WIN). © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Konfrontiert mit der Pressemitteilung der SPD erklärt Akyol auf WAZ-Nachfrage, dass der persönliche Angriff gegen ihn und die Wählerinitiative (WIN) „mit unhaltbaren, schwerwiegenden Unterstellungen“, es nicht einmal Wert seien zurückgewiesen zu werden. „Die SPD scheint von ihren Unzulänglichkeiten ablenken zu wollen und möchte einen politischen Gegner, dem sie inhaltlich nicht viel entgegensetzen kann, durch Diffamierung bekämpfen. Diese Masche mag in der Vergangenheit funktioniert haben. Genauso wie die Zeit dieser Diffamierungskampagnen vorbei ist, ist auch die Zeit der SPD vorbei.“

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