Gelsenkirchen. Allein in der Gelsenkirchener JVA arbeiten 330 Beschäftigte in zwölf Berufsgruppen. Aber für Nachwuchs zu werben, das ist mittlerweile schwierig.

Den Gebäudekomplex an der Aldenhofstraße hat wohl jeder Vorbeifahrende schon wahrgenommen, wenn auch kaum in seiner enormen Größe. Hinter die Pforte der JVA Gelsenkirchen, der Justizvollzugsanstalt, dagegen lässt sich nur selten blicken. Vor diesem ernsten Hintergrund fällt die Werbung der Einrichtung um „Nachwuchs“ etwas schwierig aus. Die Informationsveranstaltung im BiZ, dem Berufsinformationszentrum an der Vattmannstraße, lief jedenfalls ins Leere, trotz vieler Aushänge und Flyer an Schulen. Ein „sperriger“ Beruf?

Dabei lassen die Zahlen erst einmal staunen. „Wir haben landesweit 36 Einrichtungen“, beschreibt Marisa Schräder, Pressesprecherin und für die Öffentlichkeitsarbeit der JVA zuständig, „darunter für den Offenen Vollzug, im eigenen Krankenhaus im sauerländischen Fröndenberg, außerdem im Umkreis Vollzugsanstalten in Essen, Dortmund, Bochum, und Duisburg-Hamborn mit der angeschlossenen Einrichtung in Dinslaken“, so umreißt sie kurz. Allein an der Aldenhofstraße sind 330 Bedienstete in zwölf Berufsgruppen tätig.

In der JVA Gelsenkirchen arbeiten 330 Beschäftigte in zwölf Berufsgruppen, die Maximalbelegung liegt bei 640 Insassen.
In der JVA Gelsenkirchen arbeiten 330 Beschäftigte in zwölf Berufsgruppen, die Maximalbelegung liegt bei 640 Insassen. © Funke Foto Services GmbH | Olaf Ziegler

Werben um Bewerber ist für Gelsenkirchen neu

„Wir sehen langsam einen Bedarf entstehen“, räumt sie ein. Der Vollzug sei immer so etwas wie ein Selbstläufer gewesen, die Bewerbungen kamen immer ausreichend in der Einrichtung an. „Das ist seit einiger Zeit überhaupt nicht mehr so.“ Für sie steht dabei der Job nach 26 Jahren im Dienst völlig außer Frage: „Es ist abwechslungsreich, wirklich toll.“ Sicher sei er natürlich auch, bestätigt sie auf Nachfrage.

Für den größten Teil der Beschäftigten gilt die 5-Tage-Woche, die Felder umfassen etwa den Dienst in der Krankenpflege, im Sozialen, im Werkdienst, als Lehrer oder Lehrerin oder Arzt/Ärztin, oder im pädagogischen Bereich.

Werben um Bewerber, das ist also neu in Gelsenkirchen. Vielleicht sei in der Darstellung nach außen, gerade für angehende Schulabgänger, noch Luft nach oben, andere Anstalten in anderen Bundesländern hätten attraktive Eigenwerbung auf den sozialen Kanälen. „Auch die Polizei macht das sehr interessant“, haben die Gelsenkirchener festgestellt.

Die Justizvollzugsanstalt Gelsenkirchen an der Aldenhofstraße bei Nacht.
Die Justizvollzugsanstalt Gelsenkirchen an der Aldenhofstraße bei Nacht. © www.blossey.eu / FUNKE Foto Service | Hans Blossey

Dabei gibt es sogar eine eigene Stelle für Nachwuchsgewinnung in Wuppertal. „Eine nächste Informationsveranstaltung“, blickt Schräder schon nach vorn, „würden wir aber nach Möglichkeit dann in der JVA selbst ausrichten.“ Denn die nimmt jeweils auch die Bewerbungen entgegen.

Zwei Richtungen im Vollzugsdienst und in der Verwaltung

Im Allgemeinen Vollzugsdienst (AVD) beinhaltet die Ausbildung einen theoretischen Teil über neun Monate und einen praktischen über 15 Monate an zwei Einrichtungen in NRW. Voraussetzung ist Fachoberschulreife oder Hauptschulabschluss und abgeschlossene Berufsausbildung. In der Justizverwaltung mit Diplom steht eine dreijährige Ausbildung im dualen Studium an, aufgeteilt auf fachwissenschaftlichen Teil über 18 Monate in der Rechtspflege und 18 Monate praktischem Teil in zwei JVA.

Quereinstiege sind dabei gar nicht einmal die Ausnahmen, wie Betül Gürez lächelnd schildert. Die Justizbeamtin wollte ursprünglich zur Polizei, scheiterte allerdings an der erforderlichen Mindest-Körpergröße. „Dann wollte ich auf Lehramt Mathematik und Chemie studieren“, erzählt sie, „und habe aber gemerkt, dass das nicht das Richtige für mich war.“ Ein Praktikum in der Jugendarrestanstalt in Bottrop, dort im Sozialdienst, brachte sie zum Umschwenken. „Für das Lehramt wurde so etwas im pädagogischen Bereich vorausgesetzt.“ Heute sagt sie überzeugt: „Es war meine beste Entscheidung, dafür mein Studium abzubrechen.“