Gelsenkirchen. Für Hans-Joachim Siebel wird die neue Ausgabe der Gelsenkirchener Figurentheaterwoche die letzte sein. Am 20. Januar geht’s los.

Es war das Jahr 1986, als Hans-Joachim Siebel zum Team des Festivals dazustieß. Dieses trug damals noch den Namen „Tage des deutschen Puppenspiels“ und fand im „Freizeithaus“ des Revierparks Nienhausen statt. Seit 2010 heißt das alle zwei Jahre stattfindende Treffen der nationalen und internationalen Puppenspielerszene im Consol-Theater nun „Figurentheaterwoche“. Und Siebel ist schon seit Jahrzehnten der zuständige Leiter. Die neue, am Samstag, 20. Januar, startende Auflage wird für ihn aber die letzte sein. Sein Ruhestand naht. Kein Wunder, dass er vor seinem persönlichen Finale emotional ganz besonders angefasst ist.

80 Prozent der Karten für die Figurentheaterwoche sind bereits vergriffen

„Die Figurentheaterwoche ist für mich wie ein eigenes Kind. Ich habe in meinen Jahren beim städtischen Kulturreferat viele Festivals betreut und organisiert. Doch das Puppentheater lag mir immer ganz besonders am Herzen“, erzählte Siebel bei der Pressekonferenz in der Kellerbar des Bismarcker Consol-Theaters, in der das Programm vorgestellt wurde.

Die gute Nachricht vorweg: Rund 80 Prozent aller zur Verfügung stehenden Tickets sind bereits verkauft. Das sei ein höchst erfreulicher Wert, betont Siebel. Zum einen, weil die Nachfrage nach den Stücken ungebrochen hoch ist. Zum anderen aber auch, weil Spätentschlossene nach wie vor Chancen haben, Karten zu ergattern. „Wobei mehrere Vorstellungen inzwischen komplett ausgebucht sind“, ordnete der Festivalleiter ein.

13 Bühnen aus drei Ländern geben 16 Aufführungen im Gelsenkirchener Consol-Theater

13 Bühnen aus Deutschland, der Schweiz und den Niederlanden sind zwischen dem 20. und 28. Januar in Gelsenkirchen zu Gast. Insgesamt 16 Aufführungen werden sie in diesem Zeitraum inszenieren. Und zum allerersten Mal in der Geschichte dieses Festivals finden ausnahmslos alle Vorstellungen im Consol-Theater statt. Also auch jene, die vormittags über die Bühne gehen und sich vornehmlich an Kita-Kinder und Grundschüler richten.

„Wir haben Stücke dabei, die für Kinder ab drei Jahren geeignet sind. Andere richten sich eher an ein erwachsenes Publikum“, erklärte Andrea Kramer. Die langjährige Regisseurin von Kinder- und Jugendtheaterstücken am Consol-Theater war diesmal mit in die Planung und Organisation der Figurentheaterwoche mit eingebunden. Siebel erhoffte sich dadurch nicht nur neue Kontakte in die Szene, sondern auch „eine Portion frischen Wind“. Den entfachte Kramer. Und so sind diesmal auch einige neue Bühnen mit am Start.

Der Australier Neville Tranter ist Stammgast bei der Gelsenkirchener Figurentheaterwoche und agiert gerne gemeinsam mit mannshohen Puppen.
Der Australier Neville Tranter ist Stammgast bei der Gelsenkirchener Figurentheaterwoche und agiert gerne gemeinsam mit mannshohen Puppen. © FUNKE Foto Services | Heinrich Jung

Zu den Stammgästen zählt hingegen Neville Tranter. Er zählt zu „Stars“ in der Puppenspielerszene und erfreut sich einer Beliebtheit, die weit über Ländegrenzen hinwegreicht. Der Australier wird sein Stück „Ubo“ am 21. Januar in englischer Sprache präsentieren. Hier sind bereits alle Karten vergriffen. „Tranter arbeitet gern mit Großpuppen, die mannshoch sind und mit denen er als Spieler auf der Bühne interagieren kann“, erklärte Siebel.

Dies sei aber nur eine Art des Puppenspiels, das zu sehen wird, erläuterte Kramer. Auch Marionetten, Klappmaul- oder Kleinpuppen kämen bei den verschiedenen Stücken zum Einsatz. Oder wie Kramer es sagt: „Die Zuschauer bekommen bei uns die ganze Bandbreite des Puppenspiels geboten.“ Daher sei es auch nicht verwunderlich, dass sich die Figurentheaterwoche bundesweit einen hohen Bekanntheitsgrad erarbeitet hat und unter den Bühnen international einen sehr guten Ruf genießt.

Kinderstücke funktionieren auch bestens für ein erwachsenes Publikum

Nicht nur für Siebel und Kramer bedeutet das Festival eine anstrengende Zeit, auch auf die knapp zehnköpfige Technik-Crew des Consol-Theaters warten arbeitsreiche Tage. Bis zu drei Vorstellungen müssen sie pro Festivaltag stemmen. „Und nach der letzten Aufführung am Abend heißt es für sie dann noch, die Bühne für den Auftakt am nächsten Morgen herzurichten“, schilderte Kramer die enormen Anforderungen.

„Auch wenn Hans-Joachim Siebel bei der nächsten Auflage im Ruhestand sein wird: Wir wollen die Figurentheaterwoche in jedem Fall weiterführen“, kündigte Andrea Lamest, die Leiterin des städtischen Referats Kultur, bereits jetzt an. Diese Veranstaltungsreihe verfüge über eine „große Tradition“ und sei für die Stadt „ein großer Gewinn“. Wer Siebel als Festivalleiter nachfolgen wird, werde frühzeitig entschieden, so Lamest. Die Finanzierung des Festivals hatte bislang größtenteils die Bürgerstiftung Gelsenkirchen gestemmt. Diese hat die langjährige Zusammenarbeit nun aber beendet. Stattdessen sprang das Kulturreferat der Stadt ein.

Zum Auftakt des Festivals am Samstag, 20. Januar, spielt ab 20 Uhr das Trio Gottschalk-Mürle-Soehnle das Stück „Wunderkammer“. Der Abend ist aber bereits ausverkauft. Karten gibt es noch für „Schneewittchen“ vom Figurentheater Fadenschein (23. Januar, 10 Uhr), „Der Tag, als Louis gefressen wurde“ (24. Januar, 10 Uhr), „Die Katze, die tut, was sie will“ (21. Januar, 15 Uhr) sowie „Kasper tot. Schluss mit lustig?“ (24. Januar, 20 Uhr).

Karten für die Figurentheaterwoche gibt es im Consol-Theater, per E-Mail an figurenthetaer@consoltheater.de oder telefonisch unter: 0209 988 22 82.

Herausforderungen mancher Art galt es auch für Siebel in den vergangenen Jahrzehnten zu überstehen. Die vergangene Auflage der Figurentheaterwoche war noch von Corona-Pandemie und den daraus resultierenden Einschränkungen für Veranstalter und Publikum geprägt. „Uns hat aber auch schon mal eine Bühne aus Norddeutschland wenige Stunden vor dem geplanten Auftritt witterungsbedingt absagen müssen“, erinnert sich Siebel. Es sprangen spontan Puppenspieler ein, die ihr für Kinder konzipiertes Stück, das sie bereits am Nachmittag aufgeführt hatten, am Abend einfach noch einmal den erwachsenen Besuchern präsentierten. „Und da konnte man eindrucksvoll sehen, dass diese Kinderstücke auch für ein älteres Publikum bestens funktionieren“, so Siebel.

Natürlich wollen wir vom routinierten Festivalleiter am Ende noch wissen, was diese Veranstaltungsreihe denn im Laufe der Jahrzehnte bewirkt hat. Da grübelte der 65-Jährige Siebel kurz, ehe er antwortete: „Früher galt das Puppenspiel noch als reine Kindersache. Ich glaube, dass wir einen wesentlichen Beitrag dazu geleistet haben, diese Kunstform auch für ein erwachsenes Publikum zu öffnen.“ Ein schöneres Vermächtnis vor dem Wechsel in den Ruhestand, der für Siebel Anfang 2025 folgen wird, kann man sich ja kaum wünschen.