Gelsenkirchen. Ab Januar zahlt man beim Essengehen statt 7 wieder 19 Prozent Mehrwertsteuer. Zwei Gelsenkirchener Gastronomen sagen, was das für sie bedeutet.
Wer im Januar ins Restaurant geht, sollte mehr Geld einstecken: Das Essengehen wird ab dem neuen Jahr teurer. Grund dafür ist die Erhöhung der Mehrwertsteuer. Das kommt natürlich bei den Gastronomen nicht gut an: Auch Restaurantbetreiber aus Gelsenkirchen befürchten jetzt schwere Zeiten für die Branche.
Im Rahmen der Corona-Pandemie hatte die Bundesregierung die Mehrwertsteuer auf Speisen in der Gastronomie von 19 auf 7 Prozent abgesenkt, um die Gastronomen zu unterstützen. Wegen der Energiekrise war diese Regelung bis Ende 2023 verlängert worden, allerdings nicht weiter. Zwar hatte die FDP in der Ampelkoalition dafür geworben, Essen im Restaurant auch weiterhin mit sieben Prozent zu besteuern, hatte sich aber gegen die Koalitionspartner SPD und Grüne nicht durchsetzen könne. Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) sprach bereits von einem „Tiefschlag für das Gastgewerbe“ und warnte vor Betriebsschließungen: Bundesweit, so hatte eine Umfrage ergeben, seien bundesweit rund 12.000 Betriebe gefährdet.
Gelsenkirchener Gastronom: Gäste trinken dann vielleicht ein Bier weniger
Und wie sieht die Lage in Gelsenkirchen aus? Christoph Klug fühlt sich bei dem Thema gleich in doppelter Hinsicht angesprochen: Als Gastronom betreibt er in Buer die Betriebe Domgold, Lokal ohne Namen und L.O.N. Deli – als FDP-Ratsherr gehört er der Partei an, die bis zuletzt an der reduzierten Mehrwertsteuer festhalten wollte. Auch er liegt in seiner Bewertung auf Dehoga-Linie: „Vor allem für Gastronomen mit Speiseangebot ist das ein herber Schlag“, sagt er. Als damals die reduzierte Mehrwertsteuer eingeführt wurde, sei ihm dieser Schritt nicht weit genug gegangen: „Man hätte damals auch die Mehrwertsteuer auf Getränke senken sollen“, sagt er, „so hätte man das Sterben der Eckkneipen, das wir seit einigen Jahren beobachten, vielleicht aufhalten können.“
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Klug ist sich sicher, dass die Restaurantbetreiber die Mehrwertsteuererhöhung an die Kundinnen und Kunden weitergeben werden – „was bleibt ihnen denn auch anderes übrig?“, fragt er. Er rechnet zwar nicht damit, dass die Gäste jetzt in großen Scharen ausbleiben werden („wenn Corona eines bewiesen hat, dann dass die Leute gerne ausgehen wollen!“), aber er weiß auch, dass Menschen, denen es sich wirtschaftlich nicht so gut geht, es sich in Zukunft wohl nicht mehr so oft leisten können, ein Restaurant aufzusuchen – oder dass sie dann beim Essen schon einmal ein Bier weniger trinken werden als bisher.
Kader Gül will die „Currywurst-Schmerzgrenze“ nicht überschreiten
„Das heißt für mich, dass ich gegebenenfalls auch die Speisekarte anpassen muss“, so Christoph Klug. Zum einen gelte es, zu schauen, bei welchen Gerichten sich der Wareneinsatz lohnt. „Zum anderen müssen wir aber auch eine Alternative schaffen für Gäste, die nicht so viel Geld haben.“ Immerhin: Den Standort Buer sieht er nicht besonders gefährdet. „HIer sehe ich nicht die Gefahr, dass es zu Schließungen kommt.“
Ein weiterer Gastronom aus Buer ist Kader Gül, er betreibt den Dorfkrug, das Dröge Eck und seit einigen Wochen auch das Hexenhäuschen. Auch bei ihm werden die Gäste künftig mehr zahlen müssen – was aber nicht allein an der Mehrwertsteuererhöhung liege. „Auch die Kosten für das Personal steigen“, so Gül, das müsse auch gegenfinanziert werden. Allerdings müssen man dabei behutsam vorgehen. „Die Currywurst mit Pommes, unser ,Gourmet-Teller‘, kostet 9,90 Euro – und die Zehn-Euro-Schmerzgrenze möchte ich eigentlich nicht überschreiten“, sagt Kader Gül. Gleichzeitig will er aber auch nichts an der Portionsgröße ändern – und in Sachen Qualität will er ohnehin keine Abstriche machen.
Genau wie Christoph Klug will er auch in den kommenden Wochen genau auf seine Karte schauen und beobachten, welche Gerichte trotz Erhöhung funktionieren – und welche nicht. Auch er rechnet damit, dass die Gäste beim Essengehen dann möglicherweise bei den Getränken sparen werden. „Da bin ich nicht alleine – auch bei den Brauereien sieht man das so“, so Gül. Aus diesem Grund hätten einige Bierproduzenten geplante Bierpreiserhöhungen wieder zurückgenommen.
Was die Sorge vor Betriebsschließungen angeht, die Kader Gül allerdings weniger optimistisch als Christoph Klug. „Ich rechne damit, dass 25 bis 30 Prozent aller Gastronomiebetriebe aufgeben müssen“, so seine düstere Prognose.