Gelsenkirchen. Bei Schlaganfall-Therapien gibt es gute Fortschritte. Zum Jubiläum der Gelsenkirchener Selbsthilfegruppe am EvK gab es Infos zu Neuheiten.
Als Peter Thomalla vor mehr als einem Vierteljahrhundert seinen Schlaganfall erlitt, war die Medizin bei Diagnostik und Therapie noch nicht sehr fortgeschritten. Um seine Erfahrungen mit anderen teilen zu können und sich auszutauschen gründete er eine Selbsthilfegruppe Schlaganfall, angesiedelt an den Evangelischen Kliniken Gelsenkirchen. In dem Jahr wurde die erste „Stroke Unit“ als auf Schlaganfälle spezialisierte Einheit an der Uniklinik Essen, später auch in Gelsenkirchen am EvK unter Chefarzt Prof. Horst Hielscher eingerichtet. Diese ist bis heute die einzige in der Stadt und als solche Anlaufstelle für alle Fälle, in denen Verdacht auf Schlaganfall besteht. Jetzt feierte die Selbsthilfegruppe ihr 25-jähriges Bestehen.
Witwe des Gründers und Ergotherapeut betreuen die Gruppe bis heute ehrenamtlich
Bis heute gilt unverändert: Bei verdächtigen Symptomen sollten Patienten so schnell wie möglich in die Klinik, um Langzeitfolgen zu verhindern beziehungsweise so gering wie möglich zu halten. Privat-Dozentin Dr. Judith Wagner, Chefärztin der Neurologie und Frührehabilitation am EvK und Leiterin der Stroke Unit , dankte den ehrenamtlichen Begleitern der Gruppe – darunter Christa Thomalla, die Witwe des Gründers, die nach dessen Tod diese Aufgabe übernahm – und Christoph Nöllecke, Ergotherapeut in der EvK-Neurologie. Die beiden beraten Mitglieder der Gruppe und deren Angehörige, wenn es um Hilfestellung mit Behörden, medizinischen Diensten oder Pflegeleistungen geht, sorgen für Plätzchen und Kaffee bei den Treffen an jedem ersten Dienstag im Monat und organisieren Ausflüge.
Die Mitarbeiter der Klinik informieren zudem in lockerer Folge bei den Treffen über neue Möglichkeiten der Medizin. Klinikchefin Judith Wagner zeichnete anlässlich des 25-jährigen Jubiläums der Gruppe die medizinische Entwicklung auf dem Gebiet des Schlaganfalls seither nach. Bei Gründung anno 1998 gab es noch wenig Erfahrungen mit der Auflösung von Thromben (Blutpfropfen) in Blutgefäßen, die das Gehirn versorgen, durch Verdünnung. Thrombektomien, bei denen solche Pfropfen mechanisch entfernt werden, waren damals noch Zukunftsmusik.
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Neben diesen Therapieverfahren hat sich vor allem die Diagnostik stark verbessert dank deutlich besserer Bildgebung bei MRT und Ct. Heute sei dadurch darstellbar, welche Bereiche des Hirngewebes noch rettbar sind, so Wagner. Das Zeitfenster für mögliche Rettung wird durch diese Erkenntnisse größer, erklärt die Expertin. Auch in puncto Vorsorge hat sich viel getan: Bei den neuen Blutverdünnern („NOAKs“), die Wirkstoffe wie in Marcumar vielfach abgelöst haben, gibt es nach neuesten Erkenntnissen auch Möglichkeiten, bei Gefahr akuter Hirnblutung gegenzusteuern. Dies galt bisher nur für eines der Präparate als gesichert, jüngst vorgestellte Studien bestätigen dies auch für die anderen drei.
Symptome für einen Schlaganfall
Symptome, die auf einen Schlaganfall hinweisen und deren Ursache umgehend geklärt werden müssen, sind folgende: Gefühlsstörungen oder Lähmungen auf einer Körperseite, verwischte Sprache oder beeinträchtigtes Sprachverständnis, Sehstörungen, Doppelbilder, plötzlicher starker Schwindel und Gangunsicherheit sowie Bewusstseinsstörungen.
Als Faustregel gilt, dass binnen höchstens 4,5 Stunden eine Therapie eingeleitet werden sollte. Wer unter genannten Symptomen leidet, sollte sofort den Notdienst rufen.
Das sind gute Nachrichten für die Selbsthilfe-Mitglieder, zu denen sich über die Jahre ständig neue EvK-Patienten gesellten. Schließlich werden auf der Stroke Unit hier jährlich 1200 Patienten untersucht und therapiert, davon rund 1000 Fälle, in denen ein Verdacht sich als Schlaganfall bestätigt. Klaus-Dieter Schäfer hat seinen „Schlag“ schon seit 15 Jahren überlebt. Er schätzt an der Gruppe, dass man sich gegenseitig Mut macht. Ganz neu hinzugekommen ist Manfred Werner. Der 69-Jährige wurde „von jetzt auf gleich von den Füßen gerissen“, wie er sagt. Von der Reha erhofft er sich, auch sein Kurzzeitgedächtnis zurück zu gewinnen. Mut aus der Gruppe schöpfen: Das will auch er.