Gelsenkirchen. 200 angestellte Lehrkräfte und Mitarbeiter an Schulen und Hochschule im Tarif streiken in Gelsenkirchen: „Wir brauchen mehr!“ Darum geht es.

Rund 200 Tarifbeschäftigte aus Schulen und der Westfälischen Hochschule (WH) beteiligten sich am Dienstag am Warnstreik mit Marsch durch die City und Kundgebung auf dem Heinrich-König-Platz. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hatte zu dem Protest aufgerufen, um den Druck auf das Land NRW als Arbeitgeber bei den laufenden Tarifverhandlungen zu erhöhen. Welche Lautstärken Lehrkräfte gewohnt sind auszuhalten, belegte ein extrem starkes Trillerpfeifenkonzert, von dem selbst IG-Metaller noch lernen könnten.

Hochschulvertreterin beklagt „prekäre Beschäftigungsverhältnisse“

Angestellte Lehrkräfte von Grund-, Gesamt-, Real-, Haupt und Förderschulen aus Gelsenkirchen sowie vereinzelt auch aus Dorsten demonstrierten für mehr Wertschätzung und bessere Bezahlung. Immer vollere Klassen beklagte ein Lehrer von der Hauptschule Dahlbusch, immer stärkere Belastung der Sozialpädagogen der Grundschule Wiehagen, mehr Wertschätzung forderten multiprofessionelle Mitarbeiter der Schule Im Brömm und eine Vertreterin der Westfälischen Hochschule sprach von „prekären Beschäftigungsverhältnissen im wissenschaftlichen Mittelbau“. Auch Quereinsteiger und angestellte studentische Mitarbeiter der Hochschule – für die es noch gar keinen Tarifvertrag gibt – machten mit bei der Protestaktion.

Rund 600 Betroffene in Gelsenkirchen

Der Gelsenkirchener GEW-Vorsitzende Lothar Jacksteit moderierte die Kundgebung auf dem Heinrich-König-Platz.
Der Gelsenkirchener GEW-Vorsitzende Lothar Jacksteit moderierte die Kundgebung auf dem Heinrich-König-Platz. © FUNKE Foto Services | Christoph Wojtyczka

„Wir brauchen mehr!“ stand bei der Kundgebung über allem. Neben Wertschätzung und besseren Arbeitsbedingungen geht es um bessere Bezahlung. 10,5 Prozent mehr Gehalt, mindestens aber 500 Euro plus im Monat, 200 Euro plus für alle in Ausbildung, unbefristete Übernahme Auszubildender und Studierender auch an Hochschulen sowie ein Tarifvertrag für wissenschaftliche studentische Mitarbeiter lauten die Forderungen. Rund 600 Menschen sind in Gelsenkirchen von diesen Tarifverhandlungen betroffen, schätzt Lothar Jacksteit, selbst Gelsenkirchener Lehrer und Gewerkschafter. Mehr als 3200 Lehrkräfte, die allermeisten verbeamtet, unterrichten allein in Gelsenkirchen.

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Ein streikender Realschullehrer verwies darauf, dass das Land aktuell sogar Kosten spare für Lehrpersonal: „Es gibt zu wenige ausgebildete Kräfte und Seiteneinsteiger, multiprofessionelle Kräfte und Alltagshelfer sollen sie ersetzen. Diese verdienen aber deutlich weniger und so spart das Land bei den Gehältern. Der Lehrermangel wird auf dem Rücken der doppelt belasteten, ausgebildeten Lehrkräfte ausgetragen“, klagt er. 6700 Lehrkräfte fehlen aktuell in NRW, in Gelsenkirchen sind es mehr als 100 weniger als für die Mindestbesetzung notwendig – plus Dauererkrankte.

GEW-Tarifexpertin Ute Lorenz forderte bei der Kundgebung eine „tabellenwirksame Erhöhung mit langfristiger Wirkung statt Einmalzahlungen.“ Die Eingruppierung sei schief, es bedürfe einer grundlegenden neuen Einstufung. Die dritte Verhandlungsrunde steht vom 7. bis 9. Dezember an.